 

Kapitel 16
Die Gründung
der Sea Org
"Als sie von L. Ron Hubbards Plänen zur weiteren
Erforschung von vergangenen Zivilisationen und diversen weiteren
Forschungsprojekten gehört hatten, wollten sich ihm viele
Scientologen anschliessen und ihm helfen. Sie gaben sich den Namen "Sea
Organisation" ... Frei von organisatorischen Pflichten und mit
Hilfe
der ersten Sea Org Mitglieder hatte L. Ron Hubbard jetzt die Zeit und
die Möglichkeiten, im physischen Universum einige der Ereignisse
zu bestätigen, auf die er auf seinen Reise entlang der Zeitspur
gestossen war."
(Mission in der Zeit)
* *
* * *
1967 war L. Ron Hubbard 56 Jahre alt, Vater von sieben
Kindern und mehrmaliger Grossvater. Mit einer loyalen Frau, einem
Heim in England und vier schulpflichtigen Kindern war er in einem
Alter, in dem die meisten Männer zu ihren Wurzeln
zurückkehren und nichts weiter planen als eine angenehme Pension.
Doch er war nicht wie die meisten Männer.
1967 hob L. Ron Hubbard eine
private Marine aus der Taufe,
ernannte sich selbst zum Kommandanten, schlüpfte in eine fesche
Uniform nach eigenem Design, kommandierte eine Flotte von Schiffen und
machte sich zu einer ausserordentlichen Odyssee über die Meere
auf,
bei der er abwechselnd von CIA, FBI, der internationalen Presse und
einer Anzahl von misstrauischen Regierungen und Meeresorganisationen
verfolgt wurde. Er hatte bei seiner Rückkehr aus Rhodesien im
Sommer 1966 begonnen, geheime Pläne zur Gründung der "See
Organisation (Sea Org)" zu machen, indem er die ganze Operation Schicht
für Schicht mit Doppeldeutigkeit verhüllte. Seine Absicht
war, die Öffentlichkeit glauben zu lassen, dass er zu seiner
früheren Profession als Forscher zurückkehren würde;
demgemäss kündigte Hubbard im September 1966 an, dass er
sich aus seiner Position als Präsident der Church der Scientology
zurückziehen würde. Diese Scharade wurde durch die
Erklärung gestützt, dass die Church gut genug etabliert war,
um auch ohne seine Führung überleben zu können. In
Vorbereitung seines angekündigten Rückzugs trat ein
spezielles Komitee zusammen, das untersuchen sollte, wieviel die Church
ihrem Gründer schuldete; man kam auf die Summe von ungefähr
13 Millionen, doch Hubbard in seiner Grosszügigkeit
verzichtete auf diese Schulden.
Da er ja immer noch Mitglied des
Explorer Clubs war,
ersuchte Hubbard um die Erlaubnis, die Klubflagge auf seiner
bevorstehenden "Forschungsreise zu geologischen Erhebungen"
mitführen zu dürfen. Seine Absicht war laut seinen
Erläuterungen, eine geologische Erhebung ausgehend von Italien
über Griechenland und Ägypten bis zum Golf von Aden und
weiter entlang der Ostküste Afrikas zu leiten: "Stichproben von
Felstypen, Formationen und Erdschichten werden entnommen, um ein Bild
der Region zu zeichnen, die Schauplatz von früheren und
grundlegenden Zivilisationen dieses Planeten war und aus denen
möglicherweise Schlussfolgerungen gezogen werden können, die
den Zusammenhang zwischen geologischen Anordnungen und
zivilisatorischem Wachstum beleuchten."
Dieser hochtrabende Unsinn
beeindruckte den Explorer Club
hinreichend, um die Erlaubnis zum Mitführen der Klubflagge
auszusprechen. [Man konnte vom Club jedoch nicht behaupten, dass er
solche Anträge minutiös untersuchte – Hubbard hatte die
Flagge auch 1961 für ein komplett erfundenes Unterfangen, die
"Archäologische Ozeanexpedition", bekommen, die angeblich
untergegangene Städte in der Karibik, dem Mittelmeer und
angrenzenden Gewässern erforschen wollte. [1]
Am 22. November 1966 wurde die
Hubbard
Forschungsgesellschaft mit beschränkter Haftung im Londoner
Firmenregister eingetragen. Die Direktoren waren L. Ron Hubbard als
Expeditionsleiter und Mary Sue Hubbard als Sekretärin der
Gesellschaft. Die Ziele der Gesellschaft waren "Ozeane, Meere, Seen,
Flüsse und andere Gewässer zu erforschen, weiters
Ländereien und Gebäude in allen Teilen der Welt, um ihre
Eigenschaften zu untersuchen und sich dadurch einen Überblick zu
verschaffen."
Hubbard hatte jedoch keine
Absicht mehr, geologische
Untersuchungen durchzuführen, noch wollte er die Kontrolle
über die Church der Scientology und damit sein beträchtliches
Einkommen aufzugeben. Sein wahres Ziel war, sich von ermüdenden
bürokratischen Hindernissen zu befreien, die seine
Aktivitäten und Ambitionen einschränkten; seine Vision war
ein Bereich auf hoher See, den er nach seinen eigenen Vorstellungen
gestalten konnte, der aber doch mit hochentwickelten
Kommunikationsmöglichkeiten ausgestattet war, um mit seinen
Niederlassungen an Land in Verbindung zu bleiben. Seine Absicht war,
Scientology unter dem Deckmantel von Management-Kursen für die
Wirtschaft weiter zu propagieren.
Kurz vor Ende des Jahres 1966
hatte die "Sea Org" – unter
diesem Kürzel sollte sie später bekannt werden – heimlich ihr
erstes Schiff gekauft, die Enchanter, ein 40 Tonnen Schoner,
der hochseetauglich war. Um seine Involvierung noch weiter zu
verschleiern, fragte Hubbard seinen Freund Ray Kemp, ob er nicht
Teilhaber sein wollte. Kemp war ein Mensch, der daran glaubte, dass
Hubbard Wolken allein mit der Kraft seiner Gedanken bewegen konnte; als
er dann nach St. Hill kam, um für die Enchanter zu
unterschreiben, schwor er, dass Hubbard einen kleinen magischen Trick
ihm gegenüber angewendet hatte: "Wir sassen stundenlang da
und es wurde langsam dunkel, als er sagte: "Wir sollten dieses Ding
langsam unterschreiben." Ich sagte: "Haben Sie einen Stift?" und er
sagte: "Ja, dort drüben." Ich ging rüber zum Schreibtisch um
den Stift vom Schreibtisch zu holen und er verschwand. Zuerst dachte
ich, es wäre aufgrund der Beleuchtung, doch ich versuchte dreimal
der Stift zu holen und jedesmal war er weg; da realisierte ich, das er
ihn verschwinden liess. Schliesslich sagte ich zu Ron: "Wenn
Sie diesen verdammten Stift einen Moment lang in Ruhe lassen, werd ich
unterschreiben." Er konnte solche amüsanten Sachen machen, er
spielte nur ein Spielchen." [2]
Kurz nach dem Kauf der Enchanter
kaufte die Hubbard
Forschungsgesellschaft einen alten, rostigen Nordseetrawler, die 414
Tonnen schwere Avon River, die in Hull lag, einem
geschäftigen Seehafen an der Nordostküste Englands. Hubbard
flog dann nach Tanger in Marokko, wo er plante, seine "Forschungen"
fortzusetzen; seine Familie blieb in St. Hill Manor zurück. Mary
Sue wollte zu Hause bleiben, denn Diana, die beste Schülerin in
der lokalen Tanzschule, war ausgewählt worden, Prinzessin Margaret
ein Bouquet zu überreichen, die ein paar Wochen später das
Genée Theater in East Grinstead eröffnen sollte.
Bevor er zum Flughafen gebracht
wurde, kritzelte Hubbard
Instruktionen für verschiedene Mitglieder des "Sea Projekt" hin.
Eine von ihnen war Virginia Downsborough, eine pummelige und
fröhliche New Yorkerin, die fast drei Jahre lang als Auditor in
St. Hill gearbeitet hatte. Virginia war sich nie ganz klar
darüber, warum sie mit der Ehre einer Einladung zu diesem Projekt
bedacht worden war, es sei denn deswegen, weil sie aus einer
Seefahrerfamilie stammte und ein wenig über Schiffe und Knoten
Bescheid wusste. "Zu dieser Zeit bestand das Sea Projekt nur aus
wenigen von uns, die in der Garage zusammenkamen und lernten, Knoten zu
knüpfen und einen Schiffsschreiber zu lesen. Ich kaufte ein
kleines Segelboot und segelte damit an den Wochenenden, doch das wars
dann auch schon. Ron arbeitete immer schon voraus – er wusste, was er
vorhatte, doch er weihte uns niemals ein."
"Als er weg war, gab man mir
einen versiegelten Umschlag,
der seine Initialen trug. Drinnen fand ich die Anordnungen für
mich. Ich musste nach Hull gehen, die Enchanter seetüchtig
machen und sie für eine Generalüberholung nach Gibraltar
bringen. Ich brach am nächsten Tag nach Hull auf."
Scientologen folgten Rons
Anordnungen für
gewöhnlich ohne zu zögern, egal wie schwierig die Aufgabe
auch sein mochte oder wie schlecht sie darauf vorbereitet waren.
Virginia Downsborough hatte einen Abschluss als Erzieherin und hatte
ein Programm zur speziellen Förderung von Kindern in einer New
Yorker Schule geleitet, bevor sie nach St. Hill gekommen war;
nichtsdestotrotz brach sie ohne nachzudenken nach Hull auf. "Es mussten
eine Menge Dinge in Ordnung gebracht werden, bevor die Enchanter
fertig zum Auslaufen war", erinnerte sie sich, "also lebte ich die zwei
Wochen, während die Arbeiten ausgeführt wurden, auf der Avon
River, die neben dem anderen Schiff lag und vollkommen verdreckt
war."
Die Enchanter lief am
Neujahrstag mit einem
angeheuerten Skipper und einer unerfahrenen Crew von vier Scientologen
(inklusive Downsborough) aus. Im Lichte künftiger Sea Org Reisen
war dies ein vergleichsweise ereignisloser Trip, abgesehen davon, dass
sie den grössten Teil ihres Treibstoffs irgendwo vor der
Küste von Portugal verloren hatten. Nach einem Kurzaufenhalt in
Oporto kam die Enchanter wohlbehalten in Gibraltar an – nur um
zu erfahren, dass dort für sie kein Anlegeplatz war. Sie erhielten
dann eine Nachricht von einem Helfer Hubbards aus Tanger, die besagte,
dass Ron krank war, und sie nach Las Palmas auf die Kanarischen Inseln
weiterfahren sollten.
"Wir konnten die Enchanter
in Las Palmas andocken",
sagte Downsborough, "und wir waren nur kurz da, bevor Ron auftauchte.
Bill Robertson – ein anderer Scientologe – und ich gingen aufs Postamt
um einige Briefe abzuschicken. Dort entdeckten wir ein Telegramm von
Ron, in dem er schrieb, dass er genau um diese Zeit in Las Palmas
ankommen würde und abgeholt werden wollte. Wir sprangen in ein
Taxi und kamen gerade rechtzeitig am Flughafen an um ihn abzuholen; er
war gerade durch den Zoll gekommen. Wir fanden ein Hotel für ihn
in Las Palmas. Am nächsten Tag ging ich dann wieder zu ihm um zu
sehen ob er in Ordnung wäre, denn er schien nicht in bester
Verfassung zu sein."
"Als ich sein Zimmer betrat,
lagen überall alle
möglichen Pillen herum. Er schien 60.000 verschiedene Pillen
gleichzeitig zu nehmen. Ich war entsetzt, vor allem auch deswegen, weil
ich all seine Tiraden gegen Pillen und die Mediziner gehört hatte.
Mit ihm war irgendetwas überhaupt nicht in Ordnung, doch ich hatte
keine Ahnung, was das war, ausser dass er sich in einem Zustand
tiefer Depression befand; er erzählte mir, dass er keine Gewinne
mehr hatte und sterben wollte. Das sagte er wirklich: "Ich will
sterben"."
Für Hubbard war es wichtig,
dass er zu diesem Zeitpunkt
in solch einem dramatisch geschwächten Zustand vorgefunden wurde,
denn den Scientologen würde bald angekündigt werden, dass er
eine "Forschung von immenser Wichtigkeit vollendet hatte", die
irgendwie unergründlich als die "Feuerwand" beschrieben wurde. Das
war das OT 3 (Operierender Thetan 3.Sektion) Material, in dem enthalten
waren: "Die Geheimnisse eines Desasters, das in einem Verfall des
Lebens (so wie wir es kennen) in diesem Sektor der Galaxie
resultierte." [3]
Hubbard, so sagte man, "war der erste Mensch seit Millionen von
Jahren", der eine präzise Route durch die "Feuerwand"
ausgearbeitet hatte. Seine OT-Kräfte waren durch diese Taten bis
zu einem solchen Ausmass angestiegen, dass er in hoher Gefahr war,
sich unabsichtlich selbst zu verletzen; in der Tat hatte er sich den
Rücken verletzt und sich das Knie und einen Arm im Laufe seiner
Forschungen gebrochen.
Virginia Downsborough konnte
jedoch keine gebrochenen
Gliedmassen beobachten, doch sie erkannte, dass Hubbard Betreuung
brauchte. "Ich zog in einen angrenzenden Raum im Hotel, um mich um ihn
zu kümmern. Er weigerte sich, das Essen des Hotels zu sich zu
nehmen, also besorgte ich mir eine kleine Kochplatte und kochte im
Zimmer Mahlzeiten für ihn, einfache Sachen, Dinge, die er mochte.
Mein Hauptanliegen war, dass ich ihn von all den Pillen wegbekommen
wollte, die er nahm, und ihn zu überzeugen versuchte, dass es
immer noch sehr viel für ihn zu tun gab. Er schlief sehr viel und
weigerte sich das Bett zu verlassen."
"Ich weiss nicht, was er da nahm
– es machte ihn
sicherlich nicht high – doch wusste ich, dass ich ihn davon wegbekommen
musste. Ich sprach mit ihm darüber und nahm sie ihm nach und nach
weg. Er liess es geschehen. Er hatte einen grossen Stoss
von ungeöffneten Briefen aus Tanger mitgebracht, die meisten davon
von Mary Sue, und ich brachte ihn dazu, die Briefe zu lesen. Nach
ungefähr drei Wochen entschloss er sich das Bett zu verlassen; er
fing an kleine Spaziergänge zu machen; dann fing er an sich
dafür zu interessieren, was auf der Enchanter los war; ab diesem
Zeitpunkt war er dann wieder in Ordnung."
Mary flog nach Las Palmas, sobald
Ron wieder auf der Beinen
war, und Virginia Downsborough wurde beauftragt, ein Haus für die
Hubbards zu finden. Sie mietete die Villa Estrella, eine hübsche
weissgestrichene Hacienda mit rotem Ziegeldach auf einem felsigen
Kap mit Blick aufs Meer, ungefähr 45 Minuten Fahrtweg von Las
Palmas entfernt. "Ich kochte jeden Abend das Essen in diesem Haus
für sie," sagte sie. "Ron blieb für gewöhnlich auf und
redete die halbe Nacht, während Mary Sue schon längst zu Bett
gegangen war. Er hatte diese starke Fähigkeit zur Kommunikation
und es war spannend ihm zuzuhören. Ich war fasziniert von seiner
Selbstpräsentation, in der er sich immer wieder als Opfer von
Frauen darstellte."
Er sprach viel über Sara
Northrup und wollte mir
anscheinend klarmachen, dass er sie nie geheiratet hatte. Ich verstand
nicht, warum das so wichtig für ihn war; ich hatte Sara nie
getroffen und es war mir völlig gleichgültig, doch er wollte
mich davon überzeugen, dass die Hochzeit niemals stattgefunden
hatte. Als er über seine erste Frau sprach, zeichnete er ein Bild
von sich als einem armen verwundeten Burschen, der aus dem Krieg
zurückkehrte und von Frau und Familie verlassen wurde, weil er
ihnen nur zur Last gefallen wäre. Er sagte, nun mit Mary Sue
hätte er alle Vorkehrungen getroffen, um zu vermeiden wieder zum
Opfer zu werden." [4]
Als die Enchanter dann im
Hafen von Las Palmas
ankam, unternahm Hubbard mit ihr ausgedehnte Fahrten rund um die
Kanarischen Inseln um nach Gold zu suchen, das er in früheren
Leben dort vergraben hatte. "Er zeichnete kleine Karten für uns,"
sagte Virginia Downsborough, "und wir wurden ausgeschickt, um nach
diesen vergrabenen Schätzen zu suchen. Er sagte uns, dass er
hoffte, den Ballast der Enchanter mit solidem Gold zu ersetzen.
Ich denke, das Ganze war ein grosser Spass – die
grösste Show, die die Welt je gesehen hat."
Alle diese Aktivitäten
sollten ein streng
gehütetes Geheimnis bleiben, und Hubbard bestand auf komplizierten
Codes bei der Kommunikation innerhalb der Sea Org. In einer Eilmeldung
an Saint Hill bat er seine Anhänger dringend, sich wegen der
Sicherheitsvorkehrungen nicht "wie 007 und albern" vorzukommen. "Wenn
Sie die dringenden Anrufe gehabt hätten, die im Geheimdienst
aufgrund von Sicherheitslücken reinkamen", sagte er, "würden
Sie anfangen zu verstehen, das an der Sache etwas dran ist. 1940 wurde
ich einmal von den USA in einer geheimen Mission in ein fremdes,
feindseliges Land geschickt, mit dem wir aber noch nicht im Krieg
standen. Es war von entscheidender Bedeutung, meine Absichten zu
verschleiern. Es wäre fatal gewesen, wenn dort bekannt geworden
wäre, dass ich ein Marineoffizier war. Aus Intuition reiste ich
nicht sofort ab; am nächsten Tag sandte die US-Administration mir
einen Brief, der – wenn ich schon abgefahren wäre – mir in dieses
Land nachgeschickt worden wäre. Ich wurde mit vollem Rang und
Namen adressiert und informiert, dass ich nach dem 15. April in
Washington eine weisse Mütze tragen sollte. Wäre ich
schon abgereist gewesen, hätte mich dieser Brief als Nachsendung
erreicht und zum Tode durch ein Erschiessungskommando verurteilt." [5]
Während Hubbard in Las
Palmas war, entwickelte er
Phobien gegen Staub und Gerüche, die zur Ursache von häufigen
explosiven Wutanfällen wurden. Er beklagte sich dauernd
darüber, dass seine Kleider nach Seife rochen; oder er bekam
Erstickungsanfälle von Staub, den niemand sonst entdecken konnte.
Egal wie oft die Decks der Enchanter geschrubbt wurden, sie
waren niemals sauber genug für den Commodore. Auch die
Routinefahrten zwischen dem Hafen und der Villa Estrella wurden zur
Geduldsprobe für alle anderen im Fahrzeug. "Manchmal dachte ich,
wir würden niemals ankommen," sagte Virginia Downsborough. "Alle
paar Meilen bestand er darauf anzuhalten, weil Staub in der
Lüftung war. Er konnte sich so in seine Wut hineinsteigern, dass
ich manchmal dachte, er würde das Auto zu Kleinholz machen."
Im April 1967 lief die Avon
River in den Hafen von
Las Palmas ein – nach einer Fahrt von Hull, die der Kapitän John
Jones später als "den seltsamsten Trip meines Lebens" bezeichnen
würde. Abgesehen vom Ersten Maat war Jones der einzige
professionelle Seemann an Bord. "Meine Crew waren sechzehn Scientologen
und vier Scientologinnen, die einen Trawler nicht von einer
Strassenbahn unterscheiden konnten", berichtete er einem Reporter des Daily
Mirror bei seiner Rückkehr nach England.
Kapitän Jones hätte die
Schwierigkeiten vielleicht
vorhersehen können, als er für diese Reise unterschrieb und
darüber informiert wurde, dass von ihm erwartet wurde, das Schiff
gemäss dem Org Buch zu führen, einem
Segelführer, der vom Gründer der Scientology-Church
geschrieben wurde und daher von den Scientologen als unfehlbare
Offenbarung angenommen wurde. "Ich wurde instruiert, abgesehen von
Licht, Radio und Richtungsweiser, kein weiteres elektronisches
Equipment zu benutzen. Wir hatten Radar und anderes fortgeschrittenes
Equipment an Bord, das ich aber nicht benutzen durfte. Man sagte mir,
das war alles im Org Buch festgelegt, dem ohne Fragen Folge zu
leisten war."
Den Ratschlägen in diesem
geschätzten Manual
folgend stiess die Avon River beim Auslaufen an das Dock
in Hull und hatte kaum die Mündung des Flusses Humber verlassen,
als der scientologische Navigator, der natürlich das von Hubbard
empfohlene Navigationssystem anwandte, zugab, dass er verloren war.
"Ich blieb also bei meiner Uhr und dem Sextanten", sagte Kapitän
Jones, "und so wusste wenigstens ich, wo wir waren."
Als der alte Trawler sich durch
die windzerzausten
Gewässer des englischen Kanals arbeitete, kam es zu einer
Meinungsverschiedenheit zwischen dem ranghöchsten Scientologen an
Bord und dem Kapitän darüber, wer denn nun das Kommando
hatte. Als dann die Avon River in Falmouth anlegte um
nachzutanken, drohten sowohl der Kapitän als auch der Erste Maat,
ihre Sachen zu packen und das Schiff zu verlassen. Hektische
Telephonate nach East Grinstead führten schliesslich dazu,
dass der protestierende Scientologe zurück nach Saint Hill
beordert wurde und sich die Wogen wieder glätteten. Der Rest der
Reise verging ohne weitere Zwischenfälle, obwohl die zwei Seeleute
aufs äusserste von ihrer Crew irritiert waren – speziell in den
Stunden, in denen diese mit ihren E-Metern herumtüftelten. [6]
In Las Palmas wurde die Avon
River an dem Platz am
Trockendock festgemacht, der kurz zuvor von der Enchanter
freigegeben worden war und für eine Generalüberholung
vorbereitet. Ein Arbeitstrupp heiter dreinblickender See-Projekt
Mitglieder war dazu schon auf den Kanaren angekommen, unter ihnen Amos
Jessup, ein Philosophiestudent aus Conneticut. Der Sohn eines der
Herausgeber des Life-Magazins war 1966 während seines
Studiums in Oxford nach Saint Hill gekommen, um zu versuchen seinen
jüngeren Bruder dort herauszuholen und war stattdessen konvertiert
und selbst dort geblieben. "Ich war schnell davon überzeugt",
sagte er, "dass es sich nicht um einen gefährlichen Kult, sondern
um eine wichtige fortgeschrittene Philosophie handelte."
"Für mich war im
Frühjahr 67 alles klar und als
ich dann hörte, das LRH Personal für ein Kommunikationsschiff
suchte, meldete ich mich sofort freiwillig und wurde nach Las Palmas
geschickt. Man gab uns allen eine Tarngeschichte, sodass niemand
wusste, dass wir Scientologen waren; wir sollten sagen, dass wir
für die Hubbard Forschungsgesellschaft an archäologischen
Projekten arbeiteten."
"Am Tag unserer Ankunft wurde die
Avon River an
ihrem Platz festgemacht. Sie sah nach dem aus, was sie im Grunde war –
ein alter, abgetakelter, ölgetränkter, rostiger Dampftrawler.
Unsere Arbeit bestand darin, eine Generalüberholung
durchzuführen. Wir sandstrahlten sie von vorn bis hinten, strichen
an, bauten Kojen ein, wo sich die Seilkästen befunden hatten,
wandelten den Raum, in dem der Lebertran gekocht worden war, in weitere
Kojen um und bauten Decks in die Frachträume ein, um Platz
für Büros zu schaffen. LRH entwarf eine Anzahl von
Verbesserungen – ein grösseres Ruder und ein System von
Liften, um kleine Boote hochzuziehen." [7]
Hubbard tauchte jeden zweiten Tag
auf, um den Fortgang der
Arbeiten zu überprüfen, doch es ging ihm nie schnell genug
und so wurden ständig weitere See Projekt Mitglieder nach Las
Palmas geflogen um mitzuarbeiten. Hana Eltringham, eine ehemalige
Krankenschwester aus Südafrika, kam im August an. "Auf den ersten
Blick sah das Schiff furchtbar aus, alles war voller Rost", sagte sie.
"Man musste eine lange wackelige Leiter hinaufklettern, um an Deck zu
kommen. Als ich über die Reling kletterte, sah ich, dass durch das
Sandstrahlen alles von Sand bedeckt war; es schliefen Leute auf dem
Sand, offensichtlich erschöpft."
"Nichtsdestotrotz war es sehr
aufregend dort zu sein. Es war
eine grosse Ehre zum See Projekt eingeladen zu werden; wir waren
die Elite, so wie die Marine Corps. Alle von uns waren mit Haut und
Haaren Scientologen – hochmotiviert; für mich war es ein
grosses Abenteuer."
Nach zwei Wochen als Helferin an
Deck wurde Hana zum Ethik
Offizier befördert. "Mein Job war, darauf zu schauen, dass die
Crew nicht herummurkste. Ich fühlte mich verantwortlich dafür
Fehler zu finden, bevor er sie fand, denn er wurde dann sehr
wütend – er schrie und kreischte herum, wenn etwas nicht in
Ordnung war. Damals hatte ich meistens Angst vor ihm."
"Eines Nachmittags stand ich mit
einem Klemmbrett und Papier
an Deck und wartete darauf, dass er kommen würde. Ich wusste, dass
etwas nicht in Ordnung war, denn ich konnte sehen, dass sich seine
Miene verdüsterte, als er auf das Schiff zuschritt, aber noch 15 –
20 Yards entfernt war. Als er zum Schiff kam, fing er an zu schreien,
in dem er seine Lungen bis zum Anschlag füllte und dann
losbrüllte "Was machen sie da? Warum machen sie das?"
während er auf die eine Seite des Schiffs zeigte. Er kam die
Leiter hoch und schrie immer noch wie wild. Ich wusste nicht, was los
war und er wies mich an, auf die eine Seite des Schiffs zu schauen. Ich
streckte meinen Kopf über die Reling und schaute nach, warum zum
Teufel er so geschrien hatte. Die Anstreicher, die den Rumpf
weiss anmalten, benutzten alte Roller, sodass die Farbe von den
Rollern eine pelzartig aufgerauhte Schicht an der Oberfläche
hatte. Er hatte das aus grosser Entfernung gesehen. Es war
ausserordentlich. Ich war beeindruckt." [8]
Solche Zwischenfälle
führten unweigerlich dazu,
dass den Missetätern "lower conditions (niedrige Zustände)"
zugewiesen wurden; die Strafen dafür waren inzwischen zu einem
Strafenkatalog zusammengefasst worden. Die harmloseste davon war
"emergency (Notlage)", die von "liability (Belastung)" gefolgt wurde,
in der der unglückselige Übertäter seine Bezahlung
einbüsste, die Räumlichkeiten der Org nicht verlassen durfte
und den anrüchigen grauen Lappen am Arm tragen musste. Im Zustand
"treason (Verrat)" wurden alle Uniform-Insignia entfernt und der Lappen
wurde durch eine schwarze Markierung auf der linken Wange ersetzt. Bei
"doubt (Zweifel)" wurde der Missetäter bestraft, indem er aus der
Org ausgesperrt wurde; man durfte dann nicht mehr mit ihm
kommunizieren. Ganz am Ende der Skala kam der gefürchtete Zustand
"enemy (Feind)" – "kann seines Besitzes beraubt werden oder von einem
Scientologen mit welchen Mitteln auch immer verletzt werden, ohne dass
dieser Scientologe disziplinarische Massnahmen zu erwarten hätte.
Kann ausgetrickst, verklagt, angelogen oder zerstört werden."
Auch wenn sich Hubbard auch
offiziell als Präsident der
Scientology-Church zurückgezogen hatte, so setzte sich doch der
Strom seiner Erlässe und Verordnungen ununterbrochen fort. Er
erinnerte die Scientologen in einem Policy-Brief, den er in der Villa
Estrella in Las Palmas diktierte, an die Strafen für niedrige
Zustände. Er fand auch Zeit, einen Vortrag aufzunehmen, in dem er
vor einer weltweiten Konspiration warnte, die Scientology
zerstören wollte. Die findige Mary Sue hatte dieser Konspiration
offensichtlich bis in die allerhöchsten Ebenen nachgespürt;
es handelte sich angeblich um eine Intrige internationaler Banker und
Zeitungsbarone, die mächtig genug waren, viele
Staatsoberhäupter zu kontrollieren, unter ihnen auch den britische
Premier Minister Harold Wilson.
Während Hubbard gegen
internationale Konspirationen
wetterte und seine stümperhaften Arbeitstrupps anschrie, die sich
bemühten, die Avon River seetüchtig zu machen, kamen
gute Neuigkeiten von einer "Mission" aus England (Aufgaben im Auftrag
Hubbards wurden immer zu "Missionen" aufgeblasen). Seit vielen Monaten
hatten zwei ranghohe Scientologen, Joe van Staden und Ron Pook, die
europäischen Häfen nach einem grossen Schiff
durchkämmt, etwas in der Art eines Kreuzfahrtschiffs, das als
Flaggschiff für die Sea Org benutzt werden konnte. Im September
berichteten sie via Telex, dass sie in Aberdeen genau das Schiff
gefunden hatten, das Ron gesucht hatte. Es handelte sich um die Royal
Scotsman, einem 3280 Tonnen Motorschiff, das 1936 erbaut worden war
und vor kurzem noch als Rinderfähre auf der Irischen See in Dienst
stand. Trotz ihres Alters war sie in gutem Zustand und konnte nach
Meinung von Staden und Pook vermutlich für nicht viel mehr als
60.000 £ gekauft werden. Geld spielte für Hubbard keine
Rolle; allein Saint Hill nahm pro Woche etwa 40.000 £ an
Kursgebühren ein. Er beauftragte Staden und Pook sofort, die
Verkaufsverhandlungen zu eröffnen und zu veranlassen, dass die Royal
Scotsman zu den anderen Schiffen in Las Palmas stiess, obwohl
die Avon River immer noch auf dem Trockendock war.
Es war nur natürlich, dass
der Kommodore, der ja nicht
der geduldigste Mensch war, seine Flotte zum frühest
möglichen Zeitpunkt um sich versammelt haben wollte; er war
ständig irritiert von den – seiner Meinung nach – unnötigen
Verzögerungen bei der Instandsetzung der Avon River. Zu
dieser Zeit arbeiteten 35 Scientologen von Sonnenaufgang bis
Sonnenuntergang auf dem Schiff, sie sägten, lackierten, hobelten,
schrubbten und polierten. Die Brücke war komplett neu konstruiert
und mit neuen Kompassen und Navigationsgeräten ausgestattet
worden, alle Kabinen waren dampfgereinigt, der Ladungsraum für den
Fisch war in einen Hörsaal mit Reihen von Schreibtischen
umfunktioniert worden, und es gab ein Forschungsbüro für den
Kommodore genau vor der Brücke.
Als sie schliesslich
fertiggestellt und dienstbereit
war, konnte man kaum von einem herausragenden Erfolg sprechen. Als der
Trawler, sauber weiss gestrichen, das Trockendeck hinunterglitt,
erkannte man zu spät, dass keine Vorkehrungen getroffen worden
waren, um sie im Wasser abzubremsen. Sie trieb dann hilflos in der Bay,
bis ein Boot gefunden werden konnte, das sie an eine fixierte Boje
drückte. Wie um diese peinliche Demütigung noch zu
verschlimmern, erschien die Enchanter im Schlepptau eines
anderen Schiffes am Horizont. Sie hatte auf der Suche nach den
vergrabenen Schätzen des Kommodore aus früheren Leben
schlappgemacht. Zwei Tage später brachen beide Schiffe zu einer
unsicheren Reise nach Gibraltar auf.
Inzwischen hatte die Royal
Scotsman Aberdeen
verlassen, doch hatte man die Rechnung ohne die Handelskammer gemacht,
diejenige britische Gesellschaft, die für die Sicherheit der in
England registrierten Schiffe verantwortlich war. Am 7. November hatte
ein Rechtsanwalt, der im Namen der neuen Besitzer der Royal Scotsman
auftrat, bei der Handelskammer in London beantragt, das Schiff als
Vergnügungsyacht neu zu registrieren und um die Erlaubnis zum
Auslaufen nach Gibraltar angesucht. Man informierte ihn, dass eine
solche Umklassifizierung erhebliche Umbauarbeiten mit sich bringen
würde – gemäss dem Abkommen zur Sicherheit auf See von
1960 würde das Schiff ein gültiges Höchstgewicht
für die Ladung, entsprechende Vorkehrungen zur Beladung,
Sicherheitsausrüstung und Radargeräte brauchen.
Die Sea Org versuchte es
daraufhin mit einer anderen Taktik:
Ein paar Tage später lief die Royal Scotsman in
Southampton an der Südküste ein; dort versuchte man, sie bei
der Hafenaufsicht als Walfangschiff zu deklarieren. Diese
plötzliche Transformation erweckte naturgemäss Verdacht
und die Behörden antworteten damit, dass sie das Schiff in
Sicherheitsverwahrung nahmen, um zu verhindern, dass es in See stach,
ohne die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben.
Diese Neuigkeit, die man
nervös an L. Ron Hubbard in
Gibraltar übermittelt hatte, verursachte eine vorhersagbare
Explosion. Hubbard schimpfe über die Blödheit der Leute, die
eigentlich dazu da waren um ihm zu helfen, und schäumte über
die Ungerechtigkeit, daran gehindert zu werden, das zu tun, was er mit
seinem eigenen Schiff vorhatte. Als er sich wieder beruhigt hatte,
beschloss er, dass die einzige Lösung war, mit einer
handverlesenen Crew nach England zu fliegen, das Kommando über die
Royal Scotsman zu übernehmen und ungeachtet der
Proteste der Handelskammer auszulaufen.
Kurz darauf traf eine seltsame
Gruppe von Seeleuten in
blauen Matrosenanzügen, weissen Hemden mit Polokragen und kleinen
Hüten auf einem Flug aus Gibraltar am Flughafen in Gatwick ein.
Ihr Führer war ein grosser, rotgesichtiger Mann, der eine
weisse Schirmmütze trug und einen offiziellen Brief bei sich
hatte, der erklärte, dass es sich bei der Gruppe um eine Crew
handelte, die ein Schiff an die Hubbard Forschungsgesellschaft
ausliefern sollte. In der Zollhalle warf ein Zollbeamter einen kurzen
Blick auf den Brief, mit dem der rotgesichtige Mann herumwedelte und
fragte beiläufig: "Handelt es sich hier um den gleichen Hubbard,
dem der Platz in East Grinstead gehört?" "Oh ja", dröhnte der
rotgesichtige Mann, "Mr. Hubbard ist selbst Forscher." Amos Jessup, der
direkt hinter Hubbard stand, staunte nur so über dessen
Gelassenheit.
|
Ein seltenes Bild des
"geheimnisvollen Schiffes", der Royal Scotman, mit dem der
Kommodore
das Mittelmeer befuhr. (Granada Television Ltd) |
Die angeblichen Matrosen stiegen
in einen Wagen ein, der
ausserhalb des Flugzeugs auf sie wartete und wurden direkt zu den Docks
nach Southampton gefahren, an den Anlegeplatz der Royal Scotsman.
"Alle
stiegen
aus
und
starrten
auf
dieses
riesige
Schiff", erinnerte
sich Jessup. "Ich war erschreckt und beeindruckt von der
Grösse des Schiffs. Es hatte drei Decks und war 357 Fuss
lang. Ich sollte den Posten des Kommandanten übernehmen. Ich
wusste nicht alles, was ich über das Kommandieren eines Schiffes
wissen sollte und war ziemlich schockiert über das Ausmass
dessen, was mir da anvertraut worden war.
"Nachdem wir an Bord waren, rief
LRH alle zusammen und
liess uns auf die Stufen zwischen Deck A und Deck B sitzen. Er
stand am Ende der Stufen und sagte: "Vielleicht schaut das für
euch wie ein riesiges und überwältigendes Ding aus, doch
lasst euch nicht einschüchtern. Ich bin schon mit
grösseren Schiffen zurecht gekommen. Es ist wie ein Traum,
sie zu handhaben und sie fährt sich wie ein Cadillac mit
grossem Zwillingsmotor. Sonst ist nichts dahinter." Wir waren zwar
alle schon eine Wir-werdens-packen Gruppe, doch jeder fühlte sich
nach dieser Ansprache ein wenig besser."
Während der nächsten
paar Tage gab es am
Anlegeplatz der Royal Scotsman ständige Aktivitäten.
Alle paar Stunden kam ein Lastwagen aus Saint Hill an, der mit
Aktenschränken beladen war, die dann an Bord gehievt wurden. Taxis
spuckten eifrige Saint Hill Freiwillige aus, die ihre Taschen und den
"Eine-Milliarde-Jahre-Vertrag" umklammerten, den Hubbard kurz zuvor als
Bedingung für den Dienst in der Sea Org eingeführt hatte.
Mary Sue und die Kinder kamen an und zogen in die Zimmer im Oberdeck
ein, die für die Familie Hubbard reserviert worden waren.
Diana Hubbard war damals
fünfzehn, Quentin dreizehn,
Suzette ein Jahr jünger und der kleine Arthur erst neun. Sie waren
in Gesellschaft von einigen wenigen anderen Kindern auf dem Schiff;
eine Notiz wurde an die Tür des Salons angeheftet, die klarmachte,
wie sie behandelt werden sollten: "Ein Tutor wird für die Kinder
bereitgestellt, der einen Stundenplan von Arbeits- und Spielstunden
festlegt. Jedem, der ein Kind von seiner Arbeit oder seinem Spiel
abhält, wird der Zustand "Nicht-Existenz (Non-Existence)"
zugewiesen. (Strafen für Nicht-Existenz: Muss alte Kleidung
tragen. Darf sich nicht waschen. Frauen dürfen sich kein Make-Up
auflegen oder sich die Haare machen. Männer dürfen sich nicht
rasieren. Kein Mittagsessen ...) [9]
Nicht jeder in der Crew war ein
Freiwilliger. John McMaster,
den Hubbard zu einem früheren Zeitpunkt als den ersten Papst der
Scientology-Church bezeichnet hatte, war kürzlich in Ungnade
gefallen, vermutlich weil er zu einflussreich geworden war. McMaster,
ein schmächtiger Mann mit goldblondem Haar, war als Evangelist von
Scientology in der Welt herumgereist, hatte grosse Zuschauermengen
angezogen, war populär – und hatte sich dadurch die Feindschaft
von L. Ron Hubbard zugezogen. Bei einer kurzen Rückkehr nach Saint
Hill wurde ihm plötzlich ein niederer Zustand (lower condition)
zugewiesen, alle seine Qualifikationen wurden ihm entzogen und er hatte
sein Training von vorne zu beginnen.
Jahre später erinnerte er
sich an seine Erfahrungen mit
grosser Bitterkeit; er bezeichnete Hubbard verächtlich dann
nur mehr als Fettwanst: "Ich sollte plötzlich eines Sonntagmorgens
um neun Uhr mit all meinen Kleidern in Saint Hill Manor erscheinen.
Draussen war ein grosser offener Lastwagen, der mit Akten und
Aktenschränken beladen wurde; man wies mich an, mich hinten auf
die Ladefläche zu setzen. Ich hatte keine Ahnung, wohin die Reise
gehen sollte. Als wir dann die Southampton Docks erreichten, war ich
völlig durchgefroren. Ich konnte mich kaum mehr bewegen. Vergessen
Sie nicht, es war ja November! Man brachte mich auf das Achterdeck, und
dieser grosse fette Körper erschien. Es war Fettwanst. "Du
hast also geruht, dich zu uns zu begeben, nicht?" sagte er. "Nun ja,
anscheinend bin ich da", sagte ich. "Wenn du gekommen bist um dich uns
anzuschliessen, dann komm ich runter, um dir die Hand zu
schütteln", antwortete er. Er kam runter, ergriff meine Hand,
realisierte dann, dass ich völlig durchgefroren war und fing an
herumzuschreien, dass ich in eine warme Kabine gebracht werden sollte.
Ich sass ungefähr drei Stunden in dieser Kabine, bis ich
wieder aufgetaut war. Man sagte mir dann, dass ich den Posten einer
Küchenhilfe haben sollte. Zu dieser Zeit war ich schon an den
Wahnsinn von Hubbard gewöhnt und konnte von ihm nicht mehr
gedemütigt werden. Es machte mir nichts aus. Wenn sie wollten,
dass ich Töpfe reinigte und das Deck schrubbte, so war ich damit
einverstanden." [10]
Um seine unerfahrene Crew zu
ergänzen, heuerte Hubbard
einige erfahrene Seeleute inclusive eines Chefmaschinisten an, doch das
konnte Unfälle nicht verhindern – die schon passierten bevor (!)
die Royal Scotsman überhaupt ausgelaufen war. Einer der
Rekruten war auf der Landungsbrücke als Quartiermeister tätig
und bemerkte erst als es schon zu spät war, dass die Pufferplanken
sich bei beginnender Ebbe am Dock verkantet hatten. Eine kleine Gruppe
von Hafenarbeitern beobachtete mit unverhohlenem Amüsement, wie
die Crew der Royal Scotsman versuchte, ihr riesiges Schiff vom
Dock zu hebeln. Es war hoffnungslos: Die Pufferplanken krachten,
splitterten und brachen schliesslich vom Schiffsrumpf.
Hubbard nahm die Gelegenheit
wahr, die ganze Mannschaft an
der Mole antreten zu lassen, um ihnen zu zeigen was passiert war. Er
erinnerte sie daran, dass sie alle als Thetane in dem einen oder
anderen ihrer früheren Leben Seefahrererfahrung gemacht haben
mussten. "Der Kern der Sache ist, dass ihr alle schon eine lange Zeit
hier seid", betonte er. "Hört auf, so zu tun, als wüsstet ihr
nicht worum es geht, denn ihr wisst, worum es geht." Amos Jessup sagte,
danach fühlte sich jeder etwas besser.
Während all dieser
Vorkommnisse hatte Hubbard Hana
Eltringham auf eine streng geheime Mission geschickt, um die Royal
Scotsman in Sierra Leone neu zu registrieren, um so die
Aufmerksamkeit der Handelskammer zu umgehen. Hana flog zuerst
zurück nach Las Palmas, wo sie sich mit einem spanischen
Rechtsanwalt traf, der schon früher für die Church gearbeitet
hatte. Zusammen flogen sie dann nach Sierra Leone, einer kleinen
mosquitogeplagten Republik an der Westküste Afrikas. In der
Hauptstadt Freetown dauerte es 36 Stunden, bis der Papierkram erledigt
war. Inzwischen kaufte Hana eine grosse Flagge von Sierra Leone. Am 28.
November, weniger als drei Tage, nachdem Hana Grossbritannien
verlassen hatte, war sie wieder auf dem Rückweg nach Gatwick; in
ihrem Gepäck befanden sich die neuen Papiere des Schiffs. Sie nahm
ein Taxi vom Flugplatz direkt zu den Docks von Southampton.
"Ich kam um ungefähr vier
Uhr nachmittags an Bord an
und brachte die Papiere direkt zu LRH, der gerade im grossen
Speisesalon mit den Schiffsoffizieren Tee trank. Er war erfreut mich zu
sehen und sehr zufrieden, die neue Registrierung zu haben. Doch als er
die Papiere durchblätterte, bemerkte er etwas und begann die Stirn
zu runzeln. Ich spürte die bekannte Angst in mir hochsteigen.
"Hast du das bemerkt?" sagte er und zeigte auf den Namen des Schiffs
auf den Papieren. Ich schaute nach und sah, dass das s" ausgelassen
worden war und das Schiff "Royal Scotman" geschrieben war. Ich
begann eine Entschuldigung zu stammeln, doch plötzlich
lächelte er, ergriff meine Hand und begann sie zu drücken.
"Doppelte Gratulation", sagte er. "Jetzt hat das Schiff auch einen
neuen Namen." Er gab sofort Order, überall den Namen auszubessern.
Am nächsten Tag suchte die Royal
Scotman um die
Erlaubnis zum Auslaufen an, um wegen weiterer Reparaturen Brest in
Nordwest-Frankreich anzulaufen. Die Hafenbehörden in Southampton
hatten nun keine Möglichkeit mehr, ein Schiff, das in Sierra Leone
registriert worden war, noch weiter aufzuhalten. Im Morgengrauen lief
das Schiff aus, hisste die Flagge von Sierra Leone – und krachte auf
dem Weg in tiefe Gewässer in die Schutzeisen des inneren Hafens.
Es sollte eine haarsträubende Jungfernfahrt für das
Flaggschiff der Sea Org werden, wie Hana Eltringham berichtete:
"Wir fuhren an diesem Abend in
einen furchtbaren Sturm. Der
Maschinenraum war in einem sehr schlechten Zustand; die Hauptmotoren
liefen nicht besonders gut, ebenso die Generatoren, und da die Farbe im
Maschinenraum so dreckig war, konnte man nicht erkennen, wo die Wasser-
und wo die Treibstofflinien liefen. Auf der Hälfte des Weges
zwischen Southampton und Brest gab einer der Generatoren den Geist
auf."
"Ich war auf der Brücke als
Offizier vom Dienst. Wir
waren 3 bis 5 Meilen von der Nordwestküste Frankreichs entfernt.
Ich konnte vorne auf der Hafenseite die Bojen sehen, die die felsige
Küstenlinie markierte, die sich weiter südwärts
erstreckte. Doch als wir dann versuchten in den Bucht bei Brest
einzulaufen, bemerkte ich, dass die rotblinkenden Bojen gegen den Bug
des Schiffs schwangen. Ich realisierte, dass wir von einer
Strömung erfasst worden waren und gegen die Felsen gedrückt
wurden."
"Das Schiff fing an, ziemlich
übel hin und her zu
schwanken; jedesmal dauerte es länger, bis es sich wieder
stabilisiert hatte. Obwohl es Stabilisatoren hatte, steigerte es sich
von einem Fünf-Grad Schlingern bis zu einem 25 Grad Schlingern;
beim letzten Schlingern war es drauf und dran zu kippen. Wir hingen
alle auf der Brücke und in diesem Moment begann der alte Mann
[Hubbard] Bill Robertson, den Navigator, anzuschreien: "Bring uns
wieder zurück auf Kurs und raus hier! Bring uns wieder
zurück auf Kurs und raus hier!" Er brüllte richtig. Das
Schiff fing an herumzuschwanken, sehr langsam und nervenzehrend. Es war
schaurig. Ich war voller Angst und ich glaube Hubbard auch – so wie er
schrie, auf der Brücke ausharrte und uns anstarrte.
sobald wir aus der Gefahrenzone
heraus waren und
ungefähr 10 Meilen entfernt von der Küste Richtung Süden
lagen, nahm er das ganze Personal der Brücke zu sich in die
Kabine, die sich direkt hinter der Brücke befand. Er sagte uns,
dass er aufgrund dieses Vorfalls, bei dem das Schiff auf dem Spiel
gestanden war, da es nicht ganz seetüchtig war, sich entschlossen
hatte nicht nach Brest einzulaufen, selbst wenn das den Vorschriften
widerspräche. Wir würden weiter nach Süden Richtung
Mittelmeer fahren. Die Art und Weise, wie er uns das mitteilte, war,
als ob er uns von der Richtigkeit dieser Entscheidung überzeugen
wollte. Er ging es wieder und wieder mit uns durch, um sicherzugehen,
dass wir es verstanden hatten. Dann trug er die Ereignisse ins Logbuch
ein, ein 2-3seitiger Eintrag, der die Gründe erklärte, warum
wir nicht nach Brest einliefen und wir alle unterschrieben."
"Am nächsten Tag gab es eine
weitere
Beinahe-Katastrophe: Wir planten nach Gibraltar einzulaufen, um dort
mit der Avon River zusammenzutreffen. Es war ungefähr
fünf oder halb sechs am Nachmittag, als wir die Strasse von
Gibraltar erreichten. Wir waren auf der nördlichsten Fahrspur ins
Mittelmeer und konnten sehen, dass sich ein Sturm zusammenbraute. Der
Sturm zog schnell auf, die Wasser waren sehr aufgewühlt, und
während wir darum kämpften, die Kontrolle über das
Schiff nicht zu verlieren, verloren die Ölleitungen von der
Brücke zum Maschinenraum an Druck und die hydraulische Steuerung
auf der Brücke gab den Geist auf. Das Schiff driftete über
die südlicheren Fahrspuren Richtung marokkanische Küste. Wir
stellten die "Ohne Kommando" Leuchten raus, sodass die anderen Schiffe
sehen konnten, dass wir drifteten. Dann fingen wir wie wild daran zu
arbeiten, die Notsteuerung am Achterdeck zum Funktionieren zu bringen.
Es regnete in Strömen und war sehr kalt. Mitten in all dem
Schlamassel funkten wir Gibraltar an, damit sie uns halfen und einen
Schlepper schickten, um uns in den Hafen zu ziehen. Sie weigerten sich.
Sie sagten, aufgrund dessen, dass wir unsere Fahrtanordnungen
übertreten hatten, hätten wir nicht das Recht, in irgendeinen
englischen Hafen einzulaufen. Ich kann mich erinnern, dass LRH sie
über Funk anflehte: "Wir haben Frauen und Kinder an Bord. Wir sind
in Gefahr!" Doch sie kamen nicht, um uns zu helfen. Ich war entsetzt.
Das war mein erster grosser Schock."
"Wir hatten es endlich geschafft,
alle Komponenten zu finden
um die Notsteuerung auf der Achterdeck-Brücke zusammenzubauen. Da
waren wir also, Ron, Pook und ich und hingen am manuellen Steuerrad und
versuchten das Schiff zu steuern, während jemand einen Regenschirm
über uns hielt, ein weiterer mit einer Taschenlampe auf einen
kleinen Handkompass leuchtete und ein anderer mit einem Walkie-Talkie
mit der Brücke sprach, wo der Kreiselkompass war. Mary Sue rannte
mit Tassen von heissem Kakao hin und her."
"Ich konnte immer noch Brocken
von LRHs Funkkontakt mit
Gibraltar hören und ich erinnere mich, wie ich dort stand, das
Steuerrad in meinen schmerzenden Armen hielt, die Tränen rannen
mir übers Gesicht und ich dachte: Niemand will uns, wohin
können wir jetzt nur gehen? Dass uns der britische Hafen Hilfe
verweigert hatte, führte mir die Ungeheuerlichkeit unserer
Situation vor Augen und meine Empathie für den alten Mann stieg um
das tausendfache. Er war in England unerwünscht und war von den
verschiedensten Orten dieser Welt weggewiesen worden. Ich konnte
über nichts anderes nachdenken, als dass niemand diesen brillanten
Menschen und seine Gaben haben wollte."
Da ihnen das Einlaufen in
Gibraltar verweigert worden war,
setzte die Royal Scotman ihre Reise im Mittelmeer mit dem
Notsteuer fort. Man hielt Kurs auf das Fürstentum Monaco, wo
Hubbard hoffte willkommener zu sein. Die Nahrungs- und
Wasservorräte gingen langsam zur Neige und der Koch war gezwungen,
Suppen aus Seewasser zu kochen, als das Schiff Anfang Dezember auf
Monte Carlo zuhielt. Es war zu gross um in den Hafen einzulaufen,
doch die Hafenbehörde erlaubte, dass die Tanks und die
Nahrungsvorräte aufgefüllt werden konnten; zudem wurden
Techniker an Bord gebracht, die das Steuerrad reparierten. Von Monaco
lief die Royal Scotman nach Cagliari auf Sardinien aus, wo sie
dann erstmals seit der Abfahrt aus Southampton wieder andockte.
Falls Hubbard einen Grund gehabt
haben sollte, Sardinien
anzulaufen, dann behielt er ihn für sich. Während sie dort
waren, erhielt er ein Telegramm, das einen weiteren Anfall
unkontrollierter Wut auslöste und jeden um ihn herum nach Deckung
suchen liess. Die Avon River war nördlich der
Balearen in Stürme von Hurrican-Stärke geraten: das Meiste
der Ausrüstung an Deck war über Bord gegangen und die
verängstigte Crew war ordentlich durchgeschüttelt worden. Als
Hubbard das Telegramm las, begann sein Gesicht zu zucken. Er ging zum
Tisch mit den Karten, stiess wie verrückt mit seinem Finger
darauf und brüllte: "Was haben sie dort oben gemacht?"
John O"Keefe, der
unglückliche Scientologe, dem das
Kommando über die Avon River gegeben worden war, hatte
seine Instruktionen durcheinander gebracht und war Meilen vom Kurs
abgekommen, als ein Regenschauer sich zum Sturm entwickelte. Er
hätte schon weit im Süden vor den Balearen sein sollen und
auf der Route nach Cagliari, wo er die Royal Scotman treffen
sollte. Hubbard kochte immer noch vor Wut, als die Avon River
schliesslich in den Hafen von Cagliari mehr hineintorkelte als
einlief. Er weigerte sich, mit O"Keefe zu sprechen und berief ein
Beweis-Komitee ein (ein Com-Ev in scientologisch), das O"Keefe
unweigerlich der Pflichtversäumnis für schuldig befand. Es
wurde ihm ein niederer Zustand zugewiesen, er wurde seines Postens
enthoben und bekam einen untergeordneten Job im Maschinenraum. O"Keefe,
der der Meinung war, er hätte richtig gehandelt um das Schiff zu
retten, war am Boden zerstört.
Dieses demütigende Ritual
warf einen Schatten über
die Weihnachtsfeier; bald darauf orderte der Commodore beide Schiffe
wieder zurück über das Mittelmeer nach Valencia – eine 500
Meilen Seereise, die zur grossen Erleichterung beider Crews ohne
Zwischenfälle verlief. Nachdem die Schiffe nebeneinander
vertäut waren, suchte O"Keefe seine Freundin Hana Eltringham auf.
"Ich war schockiert über seine Verfassung", sagte sie. "Er hatte
ungefähr 10 Kilogramm abgenommen und schaute aus wie ein Skelett,
mit hohlen Augen und eingefallenen Wangen. Es war unglaublich. Er sagte
mir, dass er darüber nachdachte zu gehen, und auch ich begann dann
darüber nachzudenken. Es war das erste Mal, dass ich wirklich
infrage stellte, was da passierte. Ich dachte ungefähr eine Woche
darüber nach, doch am Ende konnte ich einfach nicht gehen. Ich
endete bei dem Gedanken, dass ich ein zuverlässiges Sea Org
Mitglied war, dass ich für die Freiheit kämpfen musste, dass
das nicht unbedingt ein leichter Weg war, dass ich Hindernisse
überwinden und der Unterdrückung entgegentreten musste. Das
war ein kritischer Moment, doch ich schaffte es jegliches Verlangen zu
unterdrücken, diesen Wahnsinn hinter mir zu lassen."
Stanley Churcher, einer der drei
professionellen Seeleute
auf der Royal Scotman, hatte keine derartigen Zweifel. Angeheuert als
Schiffszimmermann in Southampton hatte er bei der Ankunft in Valencia
von seinen Schiffsgefährten gründlich die Nase voll. Es wurde
ihm der Zustand "Zweifel" zugewiesen, weil er sich "einem Befehl
widersetzt, zur Desertierung ermutigt, aufrührerische Treffen
toleriert und versucht hatte, den Schiffsingenieur ebenfalls zu diesen
Dingen anzustiften." Mr. Churcher machte gegenüber den
scientologischen Offizieren in ein paar deftigen Worten klar, was er
von ihrem Mumpitz hielt und wurde prompt entlassen.
Zurück in England
erzählte Churcher seine
Geschichte People, einem der frecheren Sonntagsblätter,
die sie munter unter der Schlagzeile "Ahoy da – die
verrückteste Kreuzfahrt der Erde" veröffentlichte. Zu sehen
waren Bilder des Schiffs und L. Ron Hubbards, der als der "Boss" der
"Gehirnwäsche-Sekte" Scientology beschrieben wurde. Mr. Churchers
Verriss war vernichtend. "Es gab bei diesem Haufen von
Scientologen sieben Offiziere", sagte er, "die in ihren blauen
Uniformen mit Goldlitzen herumstolzierten, doch ich bin mir sicher,
dass sie von der Seefahrerei keine Ahnung hatten. Vier von ihnen waren
Frauen. Hubbard selbst nannte sich Commodore und hatte vier
verschiedene Schirmmützen. Hubbards Frau, die sich ebenfalls eine
Offiziersuniform hatte anfertigen lassen, schien es zu geniessen,
Matrose zu spielen."
"Jeden Tag gingen sie für
Vorträge unter Deck,
doch wir Seeleute waren nie zugelassen. Das war alles so verdammt
mysteriös, dass ich mehr herausfinden wollte. Ich bot ihnen an,
ihnen Seemannslektionen zu geben; das kam so gut an, dass sie mir einen
Gratis-Einführungskurs in Scientology gaben. Ich machte einen Test
auf ihrem E-Meter, eine Art Lügendetektor, und ein weiblicher
Offizier fragte mich einen ganzen Haufen persönlicher Fragen,
sogar zu meinem Sexualleben. Die älteste Studentin war eine Frau
von 75 Jahren, die mir sagte, dass sie davon überzeugt war, dass
Hubbard sie mit einem neuen Körper ausstatten würde, wenn sie
starb. Das ergab alles keinen Sinn für mich." [11]
Last updated: January
08,
2011

[1] Brief
des Sekretärs des Explorer Clubs,
8.
Dezember
1966
[2] Interview mit Pam Kemp
[3] Mission in
der Zeit, L. Ron Hubbard, 1973
[4] Interview mit Virginia Downsborough,
Santa Barbara, CA, August 1986
[5] Eilmeldung von LRH, 22. April 1967
[6] Kulte der Unvernunft, Christopher
Evans, 1973
[7] Interview mit Amos Jessup, San
Diego, Juli 1986
[8] Interview mit Hana
Eltringham, Los Angeles, März 1986
[9] HCO Policy Brief, 26. September 1967
[10] Interview with McMaster
[11] People,
21.
Februar
1968
Im englischen Original
spricht der Autor dieses Buches von "Church", was in
diesem
Text als "Kirche"
übersetzt werden könnte. Das
würde aber im deutschen Text eine Aufwertung der Scientology
Organisation bedeuten. Church bedeutet aber in den USA nicht unbedingt
immer eine Kirche im herkömmlichen Sinn, sondern unter anderem
auch eine Versammlung von Gemeindemitgliedern. Im Deutschen bedeutet
Kirche "dem Herrn gehörig" (griech. kyriaké, althochdt.
kiricha) und daher ist der Begriff Kirche in der deutschen
Übersetzung nicht verwendbar.
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