Theaterstück: "Marriage Auditing" in Hamburg
Eine schwarze Komödie frei nach
Motiven des
Lebens
in drei Akten
© by Ilse Hruby
Darsteller:
A ein überzeugter Scientologe
B ein überzeugter Nichtscientologe
C eine religiöse Person in
Beraterfunktion
D ein Anrufer eine geistliche Person
E eine andere geistliche Person
Akt 1, Szene: ein kleiner, stickiger Raum mit alten
Schmutzflecken
auf dem Teppich in einer religiösen Organisation.
A und B lassen sich von C beraten.
C (sehr freundlich): also ihr beide habt Eheprobleme soviel
ich
verstanden
habe, nun da hätten wir was ganz Feines für euch. Ihr
könnt
ein Marriage Auditing in Hamburg machen.
Es kostet nur 37.000 Schilling (2.690 Euro) und ihr könnt mit
dem Nachtzug hinfahren, am nächsten Tag das Marriage Auditing
machen
und mit dem Nachtzug wieder zurückfahren, so verliert ihr am
wenigsten
Zeit. Ist doch fein so?
A: das wäre doch super, das ist fein mit mir.
B: moment mal, wieso ist denn das so teuer? Für einen Tag soviel
Geld?
C (irritiert und nicht mehr so freundlich): also das ist doch gar nicht
so teuer, wenn du daran denkst, dass du dieses Geld ja in die Zukunft
eurer
Beziehung investierst.
B: meine Frage war warum das so teuer ist!
A: das ist doch eine Leistung von einem hochtrainierten Auditor und
bei einem Psychologen zahlst du wesentlich mehr.
B: woher weisst du das? warst du schon einmal bei einem Psychologen
und kennst daher die Preise?
A: (ungehalten) Nein! dort würde ich auch nie hingehen, die sind
doch alle kriminell!
C nickt zustimmend
B: wieso sind alle
kriminell? woher weisst du das?
C (sehr sachlich): auf das kommt es jetzt nicht an! Wollt ihr nun
fahren,
soll ich dort anrufen?
B: Nein, das ist viel zu teuer, wir haben keine nur 37.000 Schilling
(2.690 Euro) zum nebenher ausgeben
B (besorgt zu A): denk doch an die vielen Schulden, sollen die schon
wieder mehr werden?
C (wieder freundlicher): könnt ihr euch denn nicht nach einem
Geldfluss in der Familie umsehen?
A macht ein verärgertes Gesicht und will bereits gehen.
B (entschlossen): nein, das kommt nicht in Frage!
A und B verabschieden sich und machen sich auf den nach
Hauseweg.
B vereinbart mit C sich die Sache nochmals zu überlegen. A ist
sehr wütend und fühlt sich von B bei seiner Religion wieder
mal
lächerlich gemacht.
A (sehr aufgebracht) zu B im Auto: es macht dir anscheinend
Freude
mich
vor meinen Freunden zu blamieren, du hast doch immer nur
Gegenabsichten.
B: nein, ich habe nur gesagt, dass es zu teuer ist und dass kein Geld
dafür da ist. Sind das denn alles deine Freunde, bist du da nicht
etwas vorschnell mit mit deiner Meinung?
A: (schreit sehr laut): du und deine Freunde und die vielen Lügen
die ihr da über meine Religion verbreitet, ihr seid alle
kriminelle
Verbrecher!
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Akt 2, Szene: ein kleines, veraltetes Firmenbüro
(nicht
von B dekoriert) A ist nicht zu Hause, das Telefon läutet B nimmt
das Telefongespräch entgegen. Am Telefon ist D.
D: Hallo B, ich habe gute Nachrichten für euch!
B: Hallo D, nun sag schon!
D: ihr könnt das Marriage Auditing hier in der Organisation machen
und es kostet nur 2.500 Schilling (182 Euro).
B: das ist sehr schön, aber bitte erkläre mir doch diesen
immensen Preisunterschied? Das hätte ich jetzt aber schon gerne
gewusst
wie das kommt!
D: in Hamburg hätte das Marriage Auditing ein hochtrainierter
Auditor gemacht, und hier wird es ein Geistlicher der
Öffentlichkeitsabteilung
machen. Ich habe schon mit ihm gesprochen, er hat zugesagt.
B: moment mal, *ich* habe aber noch nicht zugesagt!
D: aber A hat schon seine Zusage gemacht und es ist jetzt schon
für
euch bestellt - A war übrigens heute schon da und hat es schon
bezahlt.
B: na gut machen wir es, damit es nicht immer nur heisst ich hätte
Gegenabsichten.
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Akt 3, Szene: ein sehr kleiner, schlecht
belüfteter im
Stil
der 70er eingerichteter Raum mit wackeligen Stühlen - wieder in
der
religiösen Organisation. In diesem Raum hat der Teppich keine
Flecken.
A und B sind pünktlich da um ein Marriage Auditing zu machen.
E kommt zur Türe herein.
E: Hallo, da seid ihr ja, nun lasst uns beginnen. Ich habe
euch
schon
die Dosen vorbereitet.
(....es kommt nun ein bla, bla über unverstandene Wörter
etc. usw.)
A und B setzen sich auf die alten, wackeligen Stühle.
A nimmt zwei metallische Dosen in die Hände. Die Dosen sind mit
dünnen Kabeln mit einem elektrischen Gerät verbunden, welches
angeblich gedankliche Ladungen herausfinden kann.
B (nimmt die Dosen nicht): ich kann frei sprechen und kann auch so
sagen was
ich zu sagen habe, ich brauche dazu
kein elektrisches Gerät. Ich bin kein Mitglied dieser Religion,
ich
muss das nicht tun und überhaupt will ich kein Gerät in die
Hand
nehmen, wo Strom durch meine Hände fliesst.
A (mit lauter Stimme): schon wieder! Kannst du nichts anderes machen
als mich ständig zu blamieren?
E: dann können wir das Marriage Auditing nicht machen, ich kann
nicht erkennen ob du eine Ladung hast.
B: ich habe keine Ladungen, ich kann sehr gut ohne dieses groteske
Gerät sprechen und sagen was mich an der Beziehung stört.
E (ärgerlich und unfreundlich): dann hat es keinen Sinn, ohne
das Gerät mache ich das Marriage Auditing nicht.
A geht mit B in einen anderen kleinen Raum, A bewegt B dazu die Dosen
und das Plastikgehäuse eines nicht eingeschalteten
Verhörgerätes
anzufassen. B bekommt von A ausserdem die Funktion einer Nadel des
Verhörgerätes
erklärt.
A ist glücklich dass B das elektrische Verhörgerät
angefasst
hat.
A und B gehen nach Hause.
Das Marriage Auditing für A und B wurde (obwohl bezahlt) nie
gemacht,
es scheiterte daran, dass B frei und ohne "Hilfe" eines religiösen
Verhörgerätes sprechen wollte.
* THE END *
(Sollten sich bei der Schilderung gewisser Praktiken
Ähnlichkeiten
mit den Praktiken von Scientologen ergeben haben, so sind diese
Ähnlichkeiten
weder beabsichtigt noch zufällig, sondern unvermeidlich.)
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