Einfach zum Nachdenken....Meine Mutter und ichEin Erlebnisbericht aus der Thetanenschmiede
Als ehemalige Scientologin war es mir – nach den Erfahrungen, die ich während meiner Mitgliedschaft bei Scientology und vor allem im Rahmen meines Ausstieges machte – eine persönliche Verpflichtung, jene „Aufklärer“ zu unterstützen, die einzelne Mitbürger aber auch die Gesellschaft vor den Schäden zu bewahren versuchen, die durch die Aktivitäten sogenannter Sekten entstehen können. Auf ein Argument stiess ich dabei besonders oft: auf das der „Selbstbestimmung“: immer noch scheint es vielen unvorstellbar, dass und wie sehr selbst erwachsene Menschen manipuliert werden können und wie schnell tief verwurzelte persönliche Überzeugungen und Empfindungen sich ins Gegenteil verkehren können. Vielleicht kann für manche von ihnen mein folgendes Erlebnis ein erster Schritt zum besseren Verständnis sein. Meine ersten Erfahrungen mit Scientology lagen schon etliche Wochen zurück; der Weg in die „Org“ war fast ebenso zur Routine geworden wie der Weg zur Universität; noch trübten kaum Irritationen über befremdliche oder bedenkliche Inhalte der Lehre meinen Enthusiasmus für das neue Interessensgebiet; – da erzählte ich eines Tages einem befreundeten, hochrangigen Scientologen, wie sehr mich ein Lied von Roger Whittacker berührt habe – und dass ich nur dieses Lied zu summen brauche, um voll Energie meinen Pflichten nachzugehen, auch wenn ich kurz zuvor noch keine rechte Lust dazu gehabt hätte. Mein Freund war alarmiert statt (wie ich erwartet hatte) begeistert: Ob es oft vorkomme, dass ich „down“ sei? Ob man mein Gefühlsleben vielleicht mit „himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt“ umschreiben könne? – Nun, so dramatisch wollte ich das nicht sehen; ich erwähnte auch bekannte Mechanismen wie „Biorythmus“ oder „Hormonzyklus“ – aber mein Freund blieb besorgt; alles weise – so meinte er – darauf hin, dass ich unter dem Einfluss einer unterdrückerischen Persönlichkeit stünde und dringend Hilfe brauche. Etwas verwirrt, gleichzeitig aber auch neugierig (und wohl auch beeindruckt davon, plötzlich im Zentrum des Interesses zu stehen) folgte ich ihm in die „Org“; dort wurde beschlossen, dass im Rahmen eines speziellen „Auditings “ der Unterdrücker entdeckt und sein Einfluss auf mich unwirksam gemacht werden solle. Die Enttarnung gelang erstaunlich schnell: meine Mutter hatte mehrfach ironische oder gar sarkastische Bemerkungen über meine Begeisterung für Scientology und über einzelne Scientologen fallen lassen! Alles klar: hier war die unterdrückerische Persönlichkeit und ich kam im Verlauf des Auditings „natürlich“ zu der „Erkenntnis“, dass meine Mutter nicht nur über Scientology kritische Bemerkungen gemacht hatte, sondern mich schon vorher immer wieder verunsichert und entmutigt hatte. Der zweite Teil der Aktion war langwieriger: Jetzt musste ich von allen Situationen erzählen, in denen ich mich von meiner Mutter in irgendeiner Weise gedemütigt, nicht ernst genommen oder auf andere Art schlecht behandelt gefühlt hatte. Jedes Erlebnis wurde mehrere Male wiederholt (angeblich um seinen Einfluss auf mich zum Verschwinden zu bringen). Wenn es nach Ansicht des Auditors „entladen“ war, forschte er nach ähnlichen, früheren Erlebnissen. Dieser Prozess dauerte mehrere Stunden; am Ende „war mir klar“, welch verderblichen Einfluss meine Mutter Zeit meines Lebens auf mich ausgeübt hatte. Ab diesem Zeitpunkt begegnete ich ihr nur mehr selten ohne Misstrauen; viele Situationen, die – unvoreingenommen betrachtet – als Teil eines ganz gewöhnlichen (beidseitigen) Abnabelungsprozesses interpretierbar waren, erschienen mir als ständige Bestätigung ihres „antisozialen“ Charakters. Zwar passierte es immer wieder, dass die herzliche Zuneigung und die enge Bindung zu meiner Mutter die Oberhand gewannen – aber: „dank“ der vielen Auditingstunden, in denen ich negativ besetzte Erlebnisse mit ihr wieder und wieder erzählt hatte (nie „entschärft“ durch – auch nur ein einziges – positiv besetztes), gab es ausreichend viele Gelegenheiten, in denen der Antagonismus automatisch wieder belebt wurde. Der Einfluss dieser Massnahme hielt viel länger an als meine Begeisterung für Scientology: erst als mir eines Tages bewusst wurde, was da seinerzeit bei dieser Sitzung „gelaufen“ war, begann ich mich ganz bewusst damit auseinander zu setzen; und siehe da: je mehr ich mich mit der Persönlichkeit meiner Mutter beschäftigte, desto klarer wurde mir, wie unrecht ich ihr getan hatte. Sie war zwar keineswegs fehlerfrei (das sind bloss Scientologen – ihrer Überzeugung nach), aber sie war zweifellos bemüht, das Beste für ihre Kinder zu tun; in manchen Situationen war sie sicher überfordert; oft hat mir wohl – wie vielen Heranwachsenden – einfach das Verständnis für ihre Reaktionen und auch für ihre Sorgen gefehlt; – aber das oben geschilderte Auditing hat den Weg zu einer „erwachsenen“ Mutter-Tochter-Beziehung sicher für etliche Jahre blockiert. Heute weiss ich, dass sich auch andere ehemalige Scientologen z.T. noch Jahre lang mit in ihrer Scientology-Zeit geschaffenen Feindbildern herumschlagen (manchmal ohne den Ursprung ihres Problems zu erkennen). Und ich frage mich, wie viele Beziehungen – vielleicht für immer – in ähnlicher Weise ge- oder zerstört worden sind; ich frage mich, wie es Kindern wohl ergehen mag, deren einer Elternteil Scientology kritisch gegenübersteht, während der andere Scientologe ist; wie wird mit ihren Loyalitäten – und ihrem inneren Zwiespalt – wohl im Rahmen einer scientologischen Erziehung umgegangen? ... – Viele offene Fragen – vor deren Beantwortung ich mich manchmal fürchte ... |