Eine Verletzung der persönlichen Integrität

von Jan-Otto Ottoson, Professor in Göteborg (Schweden)


Schutzlose Kinder

Probleme wie Angst, Beklemmung, Konzentrationsschwierigkeiten, Apathie, Schuldgefühle, Seh- und Hörhalluzination und Selbstmordgedanken werden von ehemaligen Sektenmitgliedern berichtet, die einseitiger Beeinflussung unter autoritären Formen ausgesetzt waren. Unter dem Schutz der Religionsfreiheit wird die persönliche Integrität verletzt und die Konvention der Vereinten Nationen über die Rechte des Kindes wird nicht respektiert.

Kinder werden leichter als Erwachsene Opfer von Indoktrinationen. In der Konvention der Vereinten Nationen von 1989 über die Rechte des Kindes wird festgestellt, dass Kinder volle Menschenwürde und ausserdem besonderes Recht auf Schutz und Fürsorge haben, um eine normale physische, psychische und soziale Entwicklung sicherzustellen.

Kein Kind darf seiner Rechte zu Gesundheitspflege und Krankenbetreuung beraubt werden. Sollte es nicht eine Minimalforderung für staatliche Unterstützung sein, dass die Konvention der Vereinten Nationen respektiert wird?

Indoktrinationen

Destruktive Kulte haben ein antidemokratisches Gepräge, in dem Gedanken, Gefühle und Handlungen von oben gesteuert werden, Infragestellung verurteilt und Einsicht verhindert wird.

Eine psychische, körperliche und wirtschaftliche Ausnützung kann einen suchenden, idealistischen jungen Menschen zu einem einseitigen, humorlosen und unsicheren Roboter verändern. Drohungen, Strafen, Züchtigung und Beschuldigung sind pädagogische Methoden. Das Sektenengagement verhindert die Entwicklung und die Reifung und wird im Rückblick als leere Kammer erlebt. Die krassen Motive bei der sogenannten Scientology-„Kirche“ wurden vor kurzem aufgedeckt. [1]

Indoktrination oder Gehirnwäsche in der Bedeutung von einseitiger Beeinflussung in autoritären Formen, die keine Kritik und Diskussion zulassen, sind seit langem in religiösem und politischem Zusammenhang bekannt. [2] Hervorgerufene Schuld- und Schamgefühle können zu Schwarz-Weiss-Denken und zu Beurteilungen führen, die keine sachliche Grundlage haben. Die starken Wirkungen von Massensuggestionen werden zynisch ausgenützt.

Die Indoktrination geschieht bewusst, mit bestimmter Absicht und oft vorsätzlich, so dass die Betroffenen darüber nicht Bescheid wissen. Es wäre schwierig zu behaupten, dass Indoktrinationen nicht auch im Unterricht, in der Erziehung und in der Information durch die Massenmedien vorkommt.

Eine gesunde Religiosität baut auf ein humanistisches Menschenbild mit seiner Betonung von Freiheit, Reflexion, Verantwortung und Gemeinschaft. Im selben Geist bekräftigt sie den grundlegenden Respekt für den gleichen Wert aller Menschen und für die Freiheit und Würde des Einzelnen. Die selbe Grundlage schreibt die Religionsfreiheit vor.

Was soll Priorität haben, wenn die Religion (oder eher ihre Leiter und Ausübenden) die menschliche Freiheit und die menschlichen Rechte verletzen? Es wäre unpassend, die Religionsfreiheit in Frage zu stellen, auch wenn diese wie andere Freiheiten missbraucht werden können. Vermehrte Information und Einsicht müssten jedoch die schlimmsten Entgleisungen steuern können. Die täglichen Entscheidungen, welche die Menschen treffen, müssen im Interesse der Freiheit respektiert werden.

[1] Behar R., The thriving cult of greed and power, Time 1991 May 6
[2] Sargant,  Der Kampf um die Seelen, Stockholm: Natur und Kultur 1958
 
 

Psychische Gewalt am Kind ist

 

- wenn Kindern mutwillig Angst gemacht wird.
- wenn Kinder eingeschüchtert, ausgegrenzt, isoliert werden.
- wenn Kinder verspottet oder der Verspottung Preis gegeben werden.
- wenn Kinder missachtet und entwertet werden.
- wenn Kinder klein gemacht, klein gehalten und abgewertet werden.
- wenn Kinder gezielt entmutigt werden.
- wenn Kinder mit Druck und Unterdrückung erzogen werden.
- wenn Kindern keine Grenzen gesetzt werden.

Psychische Gewalt ist nicht laut. Sie ist nicht spektakulär, aber sie ist langhaltig, sie ist ausdauernd, und sie ist nachwirkend.


UNICEF - Kinderrechte sind Menschenrechte


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