Die scientologische Sicht des Kindes vor dem Hintergrund der UNO-Kinderrechtskonvention

Mit freundlicher Genehmigung von
Dr. Rüdiger Gollnick

Dr. Rüdiger Gollnick ist Wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Dr. Löwisch im Fachbereich 2 (Erziehungswissenschaft) an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und habilitiert sich im Forschungsbereich "Internationale Wertagenturen". Veröffentlichungen zur Historischen und Systematischen Pädagogik, zur Werte-Erziehung; Seminare in der Lehrerfortbildung.
 

1.0 Inhaltliche Skizzierung

Innerhalb dieses Beitrages sollen zunächst Grundanschauungen der Scientology hinsichtlich des Kindes und der Erziehung dargelegt werden. Dabei wird es unumgänglich sein, bestimmte Aspekte der scientologischen Doktrin - kurz - darzustellen, damit die Vernetzung von scientologischer Pädagogik mit jener Doktrin deutlich und bestimmte Setzungen dieser Pädagogik verständlich und nachvollziehbar werden. In einem weiteren Schritt wird - exemplarisch - ein grundlegender Werte-Konfliktbereich zwischen den Wertvorstellungen dieser Erziehungslehre und der UNO-Kinderrechtskonvention aufgewiesen. Im letzten Teil werden mögliche Anknüpfungspunkte im schulischem Unterricht, im Pädagogik-Unterricht überlegt.

2.0 Die Leerstelle

In den bisherigen deutschsprachigen Auseinandersetzungen um die Scientology Church Hubbards (1911 - ca. 1986) und seiner Nachfolger ist der pädagogische Bereich weitgehend ausgeblendet gewesen. (1) Diese sind vor allem im religiös-theologischen und ökonomischen sowie autobiographischen Bereich geführt worden, was zunächst naheliegend erscheint, da Scientology sich selbst als Religion, als praktische Philosophie und gegenwärtig vor allem als "angewandte religiöse Philosophie" vorstellt. (2) Allgemein kann man feststellen, daß die Pädagogik und gerade auch die Hochschul-Pädagogik die großen international tätigen Organisationen, die mit einer bestimmten Weltanschauung und mit einem entsprechenden Wertesystem über ein effektives Management wirkmächtig in den gesellschaftlichen Raum - auch in den erziehlichen und schulischen - einstrahlen bzw. einstrahlen wollen (sog. "internationale Wertagenturen") (3), weitgehend vernachlässigt haben.

Eine öffentliche, schnell-schüssige Negativ-Plakatierung oder manchmal auch Diffamierung und Tabuisierung sowie Ignorierung der Scientology werden nicht weiterhelfen, da von ihren Elite-, Management- und Leistungsvorstellungen her Scientology gewisse Grundströmungen unserer Zeit aufnimmt und innerhalb ihrer Doktrin einfach, technisch-handhabbar, suggestiv-optimistisch verarbeitet und marketinggerecht einem Publikum anbietet.
 

3.0 Notwendige Skizzierung des Doktrin-Ansatzes

Es hat den Anschein, als ob das Individuum und seine Befreiung im ausschließlichen Interesse dieser Doktrin liegen, obwohl implizit und explizit gesellschaftliche und globale Zielsetzungen und Strategien im programmatischen Schrifttum gegeben sind. So heißt es zunächst im Scientology-Handbuch-Kinder: "Scientology [...] ist eine angewandte religiöse Philosophie, die eine exakte Route anbietet, mit der jedermann die Wahrheit und Einfachheit seines geistigen Selbst wiedererlangen kann." (4) Diese programmatische Äußerung impliziert eine existentielle Verlustsituation (von "Wahrheit und Einfachheit seines geistigen Selbst"), die jeder Mensch erleidet, die er aber mit Hilfe der Scientology positiv ausgleichen kann. Er vermag langfristig den Ursprungszustand - als "geistiges Wesen" - wiederherzustellen, indem er Scientology praktiziert und durch sie über graduell abgestufte Kurse, Auditing etc. eine Befreiung des Selbst, des Ich (scientologisch: "Thetan"), eine Befreiung von allen negativen Erfahrungen, Verletzungen, Traumata (sog. "Engramme" - negative geistige Eindrucksbilder) erreichen kann. So entwickelt sich das Individuum von einem Preclear (Unreinen, Unbefreiten) zu einem Clear (Reinen, Befreiten) unterschiedlicher Rangstufe und schließlich zum sog. Operierenden Thetan (OT). Der Operierende Thetan höchster Stufe unterliegt nicht mehr zwanghaft (objekthaft) den Gesetzen der Materie, der Zeit, des Raumes, der Energie, des Denkens und des Lebens; der Operierende Thetan ist vielmehr Ursache für diese: es ist der schlechthin befreite Geist, der in Übereinstimmung mit sich selbst als Geistwesen, mit den Universen und anderem Leben lebt. (5)

Scientology in ihrem Selbstverständnis ist in dreifacher Hinsicht zu fassen:

  • Erstens muß man Scientology als eine "religiöse Philosophie" sehen, wobei diese Denomination begriffsgeschichtlich erhebliche Schwierigkeiten macht (eben nicht: Religionsphilosophie!), reklamiert Scientology doch für sich als Doktrin: Wissenschaftlichkeit, Exaktheit, Klarheit und Durchblick im Hinblick auf die wesentlichen Fragen des Lebens, was auch im o.a. Zitat zum Ausdruck kommt: "Scientology [...], die eine exakte Route anbietet". Hinzu kommt, daß Scientology als Doktrin sich als Vollendung aller philosophischen (und religiösen) Bemühungen in der Geschichte der Menschheit versteht: Es ist ein irreversibler Erkenntnisdurchbruch infolge der grundlegenden Forschungen und Genieleistungen L.R. Hubbards und der Weiterentwicklung von Scientology erfolgt. (6) Es ist ein Endzeit-Scenario, das im Scientology-Handbuch-Religion entworfen wird, wobei eine geradezu eschatologische Perspektive aufscheint: "Der Mensch ist in seiner Geschichte als Mensch an einem Scheideweg angelangt. Er kann beginnen, sich aufwärts zu bewegen, zu einem goldenen Zeitalter, oder er kann seinen Abstieg in ein neues dunkles Zeitalter der Versklavung zu mechanistischen Prinzipien fortsetzen, wo Individualität und Freiheit verlorengehen. Mit Scientology können Sie Zustände zum Besseren verändern. Vor Scientology hat eine solche Gelegenheit nie existiert. Dem Menschen standen lediglich unzuverlässiger Rat, Aberglaube, unbrauchbare Abhilfen und die schwache Hoffnung zur Verfügung, daß er irgendwie gerettet würde." (7)
  • Zweitens muß Scientology als eine Technologie, als "angewandte Technik", die um den konkreten Weg der Befreiung des Individuums weiß (Mittel-Ziel-Relation), verstanden werden. Diese Technik ist unter Führung eines dafür autorisierten Scientologen anzuwenden und manifestiert sich v.a. im Auditing (8) und in einer quantitativen Messung durch das E(lektropsycho)-Meter (9), ferner in psychophysischen Reinigungskursen und anderen Kursprogrammen, für die eine finanzielle Entgeltung zu leisten ist. Die Clearing-Prozesse müssen - existentiell notwendig - stattfinden, weil jedes normale menschliche Individuum über seinen reaktiven Verstand negative Eindrucksbilder (Engramme - negative Ladungen) in unbewußten Lebenszuständen aufgenommen hat, die die Handlungen, das Denken und Fühlen des Individuums stören, also negativ beeinflussen, - über Fehlhandlungen, gestörte Zustände/Befindlichkeiten bis hin zu somatischen und psychosomatischen Erkrankungen (sog. Aberrationen). Ausgelöst werden solche Negativimpulse durch Worte, Gesten, Zeichen, Gegenstände, Reize etc. in konkreten Situationen, die dann Verknüpfungen mit Negativerlebnissen aus der biographischen Vergangenheit herstellen (sog. Einkeyen). Um diese Belastungen und Störungen im individuellen Verhalten zu beseitigen, müssen aus den Gedächtnisbanken des negativen Teils des Verstandes, des reaktiven Verstandes (mind), diese negativen Ladungen über Auditing gelöscht werden. Sie werden dann als normale Erinnerungen ohne Negativwirkungen im positiven Teil des Verstandes, dem analytischen Verstand (bewußtes, rationales, problemlösendes etc. Vermögen) abgelegt.
  • Drittens muß Scientology als Organisation ("Wertagentur") mit formellen Strukturen einer Gruppe gesehen werden.
Der anthropologische Ansatz Hubbards und im Fundamentum auch heutiger Scientology wird wesentlich durch die Analogie "Mensch - Datenverarbeitungssystem/Computer" begründet, wie sie expressis verbis in Hubbards "Dianetik" dargestellt ist. Denk-, Begriffs- und Vorstellungszusammenhänge wie
  • geistige Eindrucksbilder - sich materialisierend in elektrischen Ladungen,
  • Ladungsmessung durch das E-Meter,
  • Entladungen von Engrammen in Datenbanken des reaktiven Verstandes als Neutralisierung und   anschließendes Abspeichern im analytischen Verstand,
  • Eingravierung von Engrammen in den Datenbanken des reaktiven Verstandes, auf der Zeitspur durch die verschiedenen Leben hindurch (Wiedergeburt mit immer neuen Engrammabspeicherungen und -vernetzungen)
deuten darauf hin. Engramme, also geistige Eindrucksbilder, die als elektrische Ladungen sich quantitativ manifestieren und dann auch messen lassen, weisen ebenfalls in diese Richtung von maschinenorientierten anthropologischen Modellvorstellungen, auch wenn dies in den neueren Publikationen negiert wird.(10) Hubbards anthropologische Modellvorstellung ist durch eine Dreiteilung gekennzeichnet, wobei der reaktive Verstand aufgrund seiner negativen Datenspeicherungen störend in die Dimension des Thetans , des analytischen Verstandes und des Körpers einwirkt.
 

Anthropologisches Modell der Scientology

Seinsstruktur des Menschen:
 
Mensch Thetan Ist-Identität, Person

Verstand analytischer Verstand



reaktiver Verstand

Körper

Im Lebensvollzug:
 
Biographie –  Eingravierungen von Engrammen auf der Zeitspur des individuellen Lebens in verschiedenen Leben (Wiedergeburtsprinzip)
negative Aufladung der Gedächtnisbanken des reaktiven Verstandes
 
Störungen reaktiver Verstand ® analytischer Verstand



® Thetan



® Körper
Resultate  –  Krankheiten, Destruktion, Egoismen, Unordnung, 
Orientierungslosigkeit, Unfreiheit
® Erlösungsbedürftigkeit
Scientology Befreiung durch Scientology als Doktrin und Technik
(Selbstbestimmung und Macht) sowie Selbstverwirklichung 
(Clear, Operierender Thetan)
® Freiheit

Der einzelne Mensch lebt nicht für sich allein, sondern in Beziehung zu anderen, in und mit Gruppen. Menschen wollen von ihrer Grundstrebung her leben und überleben, wie andere Lebewesen schlechthin. In einer traditionellen philosophischen Transkription könnte man dies folgendermaßen umschreiben: Seiendes partizipiert - substantiell - am Sein und nicht am Nicht-Sein, wobei die scientologische Doktrin verschiedene Seinsdimensionen - weltimmanent und -transzendent - unterscheidet, die aber alle ihre Seinsmöglichkeiten verwirklichen wollen (Dynamik: Kraft, Strebung - dunamis). Die Pflanze strebt zu ihrer Seinsverwirklichung wie der Mensch oder der Kosmos. Der Mensch soll nun in "guter Kommunikation" mit allen Dynamiken leben, wenn er harmonisch leben will. Während in Hubbards "Dianetik" nur vier Dynamiken vorhanden sind, was einsichtig ist vor dem Hintergrund des menschlichen Lebens und Zusammenlebens und der Technologie für dieses Leben und Zusammenleben (Anliegen der Dianetik), erfährt dieser Ansatz mit der stärker einsetzenden Entwicklung zur fiktional-kosmischen Weltanschauung - Scientology in Selbstinterpretation als eine "Religion - religiöse Philosophie" - eine Welttranszendenz (mit Ausnahme der 5. Dynamik)

Kosmologie der Scientology

Fundamental-dynamische Strebung des Menschen: Überleben!

Überlebensdimensionen als dynamische Existenzdimensionen:
 
1. Dynamik:  ego-zentriertes, biologisches Überleben
2. Dynamik: Überleben durch Sexualität, Reproduktion (Partnerschaft, Familie)
3. Dynamik: Überleben in sozialen Gemeinschaften (Familie, Verein, Betrieb etc.)
4. Dynamik: Überleben in und mit der Menschheit
5. Dynamik: Überleben in und mit der Natur (Tiere, Pflanzen etc.)
6. Dynamik: Überleben im physikalischen Universum
7. Dynamik: Überleben als geistiges Wesen mit anderen geistigen Wesen, auch Geistern und Ideen (Schönheit, Wahrheit etc.)
8. Dynamik: Überleben in der Unendlichkeit, in Einheit mit dem Höchsten Wesen, im Selbst, in Geistigkeit

4.0 Der Mensch: Kind

Von diesem hier nur kurz skizzierten Fundament aus wird ein Bild des Kindes entworfen, das markante Strukturen und Prinzipien aufweist Dabei geht Scientology von folgenden anthropologischen Gegebenheiten (ontologischen Prinzipien) aus:

1. Prinzip: "Überlebe!" - Dieses Überleben ist eine fundamentale, vitale, ego-zentrierte Dynamik. Wenn sie von anderen Menschen gefährdet wird, erfolgt der berechtigte Kampf ums Überleben. Die Durchsetzung des Überlebensprinzips ist zunächst individualgebunden, erstreckt sich dann aber weiter in die verschiedenen Gruppen hinein (Überlebensinteressen der Gruppen), in denen das Individuum lebt (Partnerschaft, Familie). Wenn auch die Überlebensdynamik ego-zentriert ist, so müssen zumindest basale Existenzbedingungen auch für andere Individuen - weitergehend Gruppen und Gesellschaft - bestehen, da der Mensch nicht für sich alleine, sondern in Beziehungen lebt (Gesellschaft, Nation, dann generalisierend: Menschheit).

2. Prinzip: Gutsein des Menschen. - Der Mensch - sowohl der Erwachsene als auch das Kind - ist von Natur aus gut. Er will mit sich und der Umwelt und mit dem Universum in Frieden und Harmonie leben. Dies gelingt nur, wenn der Mensch "eine gute Kommunikation" zwischen allen Dynamiken hat, d.h. die Existenzbedingungen anderer (Mensch, Tier, Pflanze etc.) mitberücksichtigt. Wie dies nun aber weitergeführt werden soll in transzendente Dynamiken hinein, bleibt ungeklärt. Mit der 6. Dynamik geht die Doktrin Scientology in eine Welttranszendenz und in eine Metaphysik hinein, die im Gegensatz zu den ersten vier Dynamiken letztlich diffus bleibt. Erwähnenswert ist hierbei, daß Hubbard in seinem Bestseller "Dianetik" (1950) nur vier Dynamiken angesetzt hatte, was auch vom Ansatz her evident ist: Der sich über die Technik des Auditing befreiende Mensch im Verhältnis zu sich und den anderen Menschen.

3. Prinzip: Schlechtwerden durch Aberrationen. - Jeder Mensch wird durch seine verschiedenen Leben hindurch verwirrt durch Engramme, die Aberrationen (Fehlverhaltensweisen, Disharmonie, Orientierungslosigkeit, Zweifel etc.) hervorrufen.

Das Schlechtwerden manifestiert sich

  • personal im Verhältnis des Menschen
    • zu sich selbst: Unausgeglichenheit, Mangel an Selbständigkeit - Selbstbestimmung - Selbstvertrauen - Macht, Fehlentscheidungen etc.,
    • zu anderen: Mangel an Führung und Kontrolle, Fehler in Erkennung und Handhabung von Menschen und Situationen,
    • zur Gruppe: Mangel an Führungspotential - Macht - Zielorientierung und -ansteuerung.
  • ökonomisch im Verhältnis des Menschen
    • zu sich selbst: Störanfälligkeit bei ökonomisch-betrieblichen Vorgängen und betrieblichen Arbeiten, Leistungsabfall,
    • zu anderen: Mangel an Interaktion und Kommunikation, sinkender Umsatz der Gruppen- und Firmenarbeit,
    • zur Gruppe: Gefährdung des Überlebens (von der Firma bis hin zur Menschheit).
Ohne Scientology ist eine Aufhebung der Aberrationen, eine Auslöschung der Engramme existentiell dauerhaft nicht möglich. Erst Hubbard hat den Durchbruch und Durchblick geschafft. Die Erlösung im Sinne einer Befreiung von Aberrationen/Engrammen erfolgt substantiell über Auditing, was letztlich nur ein individueller Prozeß ist. Dabei geht Scientology von einem prozeßhaften und damit kontrollierten und gesteuerten psychophysischen und mentalen operationalen Vorgang aus. Je mehr Menschen systematisch und erfolgreich auditiert sind und die scientologische Doktrin internalisiert haben, um so mehr senkt sich das Gefährdungspotential bez. des Überlebens: die befreite Gruppe, die befreite Gesellschaft, die befreite Menschheit.

4. Prinzip: Allgemeine Gültigkeit. - "Jedes Gesetz, das auf das Verhalten von Männern und Frauen zutrifft, gilt für Kinder." Die Begründung: "Ein Kind ist ein Mann oder eine Frau, der bzw. die nicht voll ausgewachsen ist." (11)
 

5.0 Erziehungskonzeption

Deshalb muß auch das Kind sorgfältig und im Hinblick auf Traumata in seinen früheren Leben aufmerksam beobachtet und behandelt werden, damit nicht frühere Engramme "restimuliert" (aktiviert) werden, d.h. Störverhalten und Fehlverhalten auftreten. Das bedeutet ferner, daß das Kind, um als freier Mensch leben zu können, in der Scientology als Doktrin und Technik unterwiesen und trainiert werden muß. Dabei kommt den Eltern eine herausragende Funktion zu, da sie für das Kind die Garanten des Überlebens sind.

5.1 Erziehungsgrundsätze

Da das Überleben mehrdimensional zu fassen ist, ergeben sich für die Erziehung folgende Grundsätze:

1. Grundsatz: Bedeutung der Eltern als Überlebensgaranten

Die Eltern sichern zunächst die psychophysische Existenz des Kindes (v.a. auf der 1. Dynamik).

2. Grundsatz: Erziehung des Kindes ohne Brechung seines Willens

Darüber hinaus achten die Eltern das Kind in seiner Individualität mit der entsprechenden Überlebensdynamik. Wird der Wille als Konkretisierung dieser Dynamik gebrochen (psychomentale Traumata - Engramme etc.), wird das Kind letztlich zum Dressurobjekt.

3. Grundsatz: Wachsende Selbstbestimmung des Kindes

Wenn der Wille nicht gebrochen wird, wird der Eigenwille des Kindes stärker berücksichtigt; und so kann das Kind produktiv in die Lebenssituationen der Familie eingebunden werden (s.u.). Dann gewinnt das Kind - wachsend - mehr Selbstvertrauen und Selbstbestimmung. Selbstbestimmung bedeutet aber im scientologischen Sinne, daß das Individuum die Macht besitzt, über andere Menschen zu bestimmen und Situationen zu beherrschen (s.u. 5.3: Anpassung der Umwelt an sich!) und darüber hinaus Kontrolle des materiellen Universums (Macht über die Natur und den materiellen Kosmos) auszuüben. (12) Ein hohes Machtpotential kann das Kind, kann der Jugendliche in den verschiedenen Lebenssituationen erwerben, indem es bzw. er lernt, Menschen und Situationen zu "handhaben".

4. Grundsatz: Selbstbestimmung als Besitz-, Kontroll- und Leistungspotential

Die Kindheit wird von Scientology tendenziell nicht als eigenwertige Entwicklungsphase gesehen, sondern als Durchgangsstadium zum Erwachsensein. Deshalb gelten auch die gleichen Gesetze für Erwachsene und Kinder (s.o.). Sie sind in einem "Noch-nicht-Zustand" und müssen nach dem Prinzip des Überlebens auf den Endzustand vorbereitet werden.

Selbstbestimmung des Kindes bedeutet dann für die Erziehungspersonen:

  • Achtung des Besitzes des Kindes (Spielsachen, Kleidung etc.) und damit auch das Recht der Verfügbarkeit über diese Dinge,
  • Achtung des individuell-kindlichen Verfügens über Raum und Zeit (Raumgestaltung im Kinderzimmer, eigene Gestaltung von Zeiteinheiten/Freizeit),
  • Kontrolle im scientologischen Sinne und Macht über diese Dinge, auch: Zulassung oder Ablehnung der Einmischung der Eltern in diesem Bereich,
  • Achtung der Bereitschaft des Kindes zum Tätigsein, Bereitschaft zur Leistung, Bereitschaft zur Arbeit.

5.2 Erziehung und Ökonomie

Und hier schlägt die scientologische Doktrin voll durch. Selbstbestimmung bedeutet - wie o.a. - Gestaltungsmacht. Gestaltungsmacht wird vornehmlich ökonomisch fundiert gesehen, was - von den Dynamiken her betrachtet - einsichtig ist. Um aber "gute Statistiken", also ökonomischen Erfolg, zu erzielen, muß die Bereitschaft zur Leistungserbringung, zur Leistung und zur Arbeit stimuliert werden. Dabei geht Hubbard davon aus, daß das Kind seinen Beitrag zum Überleben der familialen Gruppe erbringen möchte, aber oftmals von den Eltern oder auch anderen Familienmitgliedern oder Erziehern zurückgewiesen wird. Es entsteht das Gefühl des Nicht-gebraucht-Werdens, der Nutzlosigkeit. Beruhend auf solchen traumatischen Erfahrungen, sieht Hubbard die späteren Probleme eines negativen Arbeitsethos. Die jeweiligen Möglichkeiten des Kindes von seinem Anlagepotential her müssen in Erfahrung gebracht und in familialen Lebenssituationen umgesetzt, also genutzt werden. Angefangen bei kindlichen banalen Zubringerhandlungen (Haushalt etc.) bis hin zu eigenständigen, eigenverantworteten Arbeitsleistungen, um das Überleben der familialen Gruppe zu sichern, damit sie "vorwärtskommt". Hubbard geht davon aus, daß das Kind letztlich genausoviel oder mehr erbringen will, als es empfängt. Will sich das Kind aber diesen Überlebensverpflichtungen entziehen, muß es - nach dem ARC-Dreieck (Atmosphäre, Realität, Kommunikation; s.weiter unten) - "gehandhabt" werden.

Dies bedeutet:

  • Konfrontieren mit den ökonomischen Strukturen und Gegebenheiten sowie mit dem "Funktionieren" der Familie (Arbeit - Leistung - Geld ® Nahrung, Kleidung, Freizeitmittel, Taschengeld!),
  • Vermittlung von Einsichten in die Notwendigkeiten der Mithilfe zum Überleben, wo es möglich ist, über "gute Kommunikation" (A - Schaffung einer vertraulichen und offenen Atmosphäre, die emotional positiv getönt ist; R - Realitätserfassung: Wahrnehmung des gesellschaftlichen und ökonomischen Bedingungsrahmens; C - kommunikative Steuerung des Vermittlungsprozesses, s.u.), - zu harte Erziehung führt zu Aberrationen, konkret: zu unsozialem Verhalten,
  • Ernstnehmen des Kindes als Familienmitglied auch als ökonomischer Faktor, was dann auch Einfordern und Kontrolle der Arbeit (keine Unverbindlichkeit) heißt,
  • daraus ergibt sich: Einzufordernde Verpflichtung zur gegenwärtigen und zukünftigen Fürsorge des Kindes für seine Eltern als Überlebensgaranten (reziprokes Überlebensverhältnis),
  • Bedingung zur Erbringung dieser Leistungen durch eine Ausbildung. Lernen als conditio sine qua non zum Geldverdienen (!),
  • Spiel und Freizeitgestaltung in ökonomischer Abhängigkeit von Arbeit und Leistung; Spiel als Phase der Entspannung legitimierbar vor dem Hintergrund der leistungsorientierten Anspannung.

5.3 Avisierte Ziele

Vor den aufgezeigten Hintergründen verfolgt Scientology nach ihrem Selbstverständnis als Ziele -
die Befreiung des Kindes, des Jugendlichen von traumatischen Erlebnissen, von Furcht und Unterdrückung, - die freie, sich weiterentwickelnde Person:
  • geistige Gesundheit des Kindes, des Jugendlichen durch: Anpassung der Umwelt an sich, also an das Kind, den Jugendlichen (! Selbstbestimmung aufgrund des individuellen Machtpotentials!),
  • geistige Gesundheit und existentielle Sicherheit durch Selbstbestimmtheit,
  • was mit dem o.a. Prinzip 'Selbstbestimmung als Besitz-, Kontroll- und Leistungspotential' vernetzt ist,
  • existentielle Sicherheit als Überlebensstrategie nicht bloß als ökonomischer Faktor, sondern auch als normativer Faktor: Erziehung zur klaren Regel- und Normeneinhaltung (ausgeprägter Legalismus; Hintergrund: hierarchische Führungs- und Legitimationsstrukturen), Verpflichtung zur systeminternen und -externen Gesetzeseinhaltung (Ausnahmen bei anti-scientologischer Gesetzgebung des Staates etc.),
  • letztlich: das erfolgreiche, sich selbst machtvoll verwirklichende Individuum, das zu seinem Nutzen (Überlebenssicherung) handelt, wobei der Nutzen anderer nicht außer Acht gelassen wird (amerikanischer Pragmatismus, Präferenzutilitarismus).
Dies wird aber nur zu erreichen sein, wenn man Scientology Kindern vermittelt und konkret anwendet, wie es z.B. im Scientology-Handbuch-Kinder und in Kinder-Dianetik vorgestellt wird.
 

6.0 Aspekte der Erziehungspraxis

Da Scientology immer auch als Handlungstechnologie nach scientologischem Selbstverständnis gefaßt wird, so ergibt sich eine enge Vernetzung von Doktrin - erzieherischem Handeln - kindlichem Verhalten.

Beispiel: Wenn kleine Kinder (hier: jünger als fünf Jahre) Verletzungen erleiden, so entsteht ein gewisser Leidensdruck je nach Schwere des Unfalls (angefangen beim banalen Hinfallen). Die Erziehungsperson soll sich nach scientologischer Auffassung verbal und emotionell äußerst zurückhalten,

  • damit nach Möglichkeit keine bedeutende Negativ-Eingravierung (Engramm) des Vorganges in die biographische Lebensspur erfolgt,
  • damit keine Assoziationskette zwischen Unfall - Schmerzempfindung - Unlustzustand - Worte des Bedauerns, Tröstens etc. aufgebaut wird, so daß später - wann auch immer - beim Hören einer solchen Phrase des Bedauerns oder Tröstens nicht ein Engramm "restimuliert" wird, es also nicht beim Hören solcher Phrasen zu Mißstimmungen und Fehlhandlungen (z.B. infolge von Reaktivierung von Furcht) kommt.
Vielmehr nimmt man sich zurück, läßt die Kinder ausweinen, was einen Abbau von "Spannung" und damit Erleichterung von der Belastung bedeutet. Kinder müssen selbst damit fertig werden. Bei kleineren Kindern wird die stumme Umarmung als Trost in Vorschlag gebracht. (13) Beruhigt sich das Kind nach einer kurzen Benommenheitsphase (s.o. Bedeutung des reaktiven Verstandes!) noch immer nicht, dann gilt das als Indiz dafür, daß eine Restimulierung (z.B. frühere Unfallerlebnisse) gegeben ist. Das hat zur Konsequenz, daß man mit dem Kind in Kommunikation treten muß (z.B. über Auditing), denn nach Hubbard ist die scientologische Technik der Kommunikation das beste therapeutische Mittel zwischen Erzieher und Kind. Ab dem Alter von fünf Jahren wird ein solcher Kommunikationsprozeß als "normalerweise notwendig" angesehen, um ein Kind möglichst spannungsfrei aufwachsen zu lassen; und das heißt auch: möglichst "frei" von Engrammen aufwachsen zu lassen.

Wenn das Kind nicht mehr in einer Schmerzbenommenheit etc. ist, beginnt man mit der Frage nach dem Anlaß für diesen Negativ-Zustand und läßt es 'seine Geschichte' erzählen, wobei der Erzieher sowohl Kommunikations-Stimulator als auch Kommunikations-Explorator ist. Er schaltet dabei den Erzählgang des Kindes über seine Nachfragen, Detailfragen von der Vergangenheit in die Gegenwart, um somit eine gegenwarts- und zukunftsbezogene Dramatisation des Unfallgeschehens zu erreichen. Das Kind - so die scientologische These - legt das Erlittene nicht in der Vergangenheit ab, wo es mit anderem vergleichbar Erlittenem ein Restimulationspotential bilden kann (Datenbanken des reaktiven Verstandes), sondern nivelliert das Erlittene über das Darüber-Sprechen zu einem Ereignis, was morgen z.B. auch mal passieren kann. Falls Restimulierung aufgetreten ist, - und sie tritt mit zunehmendem Alter immer häufiger und vor allem komplexer auf, muß nach der Quelle für diese Restimulierung recherchiert werden. Indem das Kind einem detaillierten Explorationsprozeß (bis hin zum Abfragen von situativen Details) unterworfen wird, wobei man teils spielerisch (Puppenspiel, Rollenspiel, Bilder malen) teils rein verbal-kommunikativ vorgeht, erzählt es gegebenenfalls immer wieder und detaillierter die Unfallgeschichte. Es hat schließlich keine Lust mehr an diesem Negativ-Ereignis, findet es banal und lächerlich. Das Lachen über den Unfall entspannt, befreit vom Druck.

Im Scientology-Handbuch-Kinder wird solch ein Gespräch exemplarisch skizziert, worauf hier in aufbereiteter Form kurz eingegangen werden soll. (14)

Es ergibt sich folgende Struktur:

Stimulationsphase:
E: Was ist passiert? Wie hast du dir weh getan? Erzähl mir darüber!
Erzählung in der Vergangenheit:
K: Nun ich stand auf einem großen Felsen, und dann bin ich ausgerutscht und hingefallen und ... (Weinen)
Zeitliche Umpolung Vergangenheit - Gegenwart:
E: Tut es weh, wenn du auf dem Felsen stehst?
K: Nein.
E: Was passiert, wenn du auf dem Felsen stehst?
K: Ich rutsche aus ... (Weinen)
Detailrecherche:
E: Was passiert dann?
K: Ich falle auf den Boden.
E: Ist da Gras auf dem Boden?
K: Nein - es ist ganz sandig.
Wiederholung zum Spannungsabbau:
E: Erzähl mir noch einmal darüber.

Eine solche und vergleichbare Kommunikation wird als therapeutisches Mittel zur Abwehr von Bedrückungen, zur Austilgung von Engrammen etc. benutzt. Und so kann die tägliche Erziehung u.a. auch dadurch charakterisiert sein, daß das Kind vom Erzieher verlangt, "darüber erzählen" zu wollen, wenn dieses Verfahren über die tägliche Routine habitualisiert worden ist, wird es doch ab dem fünften Lebensjahr normativ vorgegeben. Was zunächst spielerisch scheint, wirkt psycho-mental strukturbildend. Das Kind wird z.B. bei ganz banalen und aktuellen Anlässen (wie z.B. das Hinfallen) spielerisch motiviert, sich im geleiteten Frage-Antwort-Spiel das negative Erlebnis zu vergegenwärtigen. Beim "Darüber-Sprechen" tritt - als allgemein bekanntes Phänomen - häufig eine allgemeine Entlastung beim Kind ein, wobei aber je nach Komplexitätsgrad des Geschehens immer weiter auf der Zeitspur des Lebens retrospektiv recherchiert werden kann ("Time-Track"). Nimmt man nun noch das E-Meter hinzu, so ist die Grundsituation eines Auditing gegeben. (15) Geht man vom Beispiel banaler Kinderunfälle weg und und sieht solche Verfahren bei Pubertierenden oder Adoleszenten, bei jungen Erwachsenen in Anwendung, dann wird der Grad von Einblick und Kontrolle in das psychophysische und mentale Leben von Menschen überdeutlich. Wenn Hubbard im Scientology-Handbuch-Kinder und in der "Kinder-Dianetik" immer wieder betont, daß Kinder keiner erdrückenden und beengenden elterlichen Kontrolle vor dem Hintergrund der Selbstbestimmung unterworfen sein sollen, so wird über die Praxis eines verdeckten oder offenen Auditing-Verfahrens, das im Laufe der Kindheit habitualisiert worden ist, eine sehr ausgeprägte Kontrolle - gerade auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden - ermöglicht. Über das Auditing-Verfahren haben die Eltern und die Organisation die Möglichkeit eines Zugriffs auf Psyche und Geist des Menschen. Das Phänomen und gleichzeitig Problem von elterlicher Kontrolle im Sinne von Dominanz und Gewalt wird über eine bestimmte Verfahrenstechnik - doktrinär - institutionalisiert: Scientology als Verhaltenstechnologie nach eigener Selbstinterpretation!
 

7.0 Pädagogische Bedenken

Hier steht sowohl das älter werdende Kind als auch der Erwachsene, an solche Prozesse fortwährend gewöhnt, unter dem doktrinären Druck der anthropologischen und weitergehend der gesellschaftlichen Modellvorstellungen von Scientology. Das heißt: Komplexe individuelle und gesellschaftliche Realität wird fortwährend mit enggefaßten Parametern selektiv wahrgenommen und wert- und handlungsorientiert interpretiert:
  • Ständige Taxierung von Erlebnissen und von Verhalten anderer Menschen zu einem selbst (Ausmachung und Handling von Störfaktoren: Streit der Eltern, Streit mit Geschwistern, Freunden ..., Fernsehen, Schulschwierigkeiten etc.); ständiges Gefahrengefühl bzw. -bewußtsein der internalisierten Modellvorstellung (Ich - Mensch - Gesellschaft): reaktiver Mind - Engramme - Aberrationen; Verhinderungsstrategie von Eingravierungen (Einkeyen etc.), Aberrationen, Restimulation über Auditing;
  • zunehmende Fokussierung auf Bewahrung vor Negativem aus Furcht vor derartigen Gefährdungen (Sachen, Menschen etc.), deshalb fortwährendes Auditing und scientologisches Training,
  • eine wachsende Bereitschaft des Sich-Hineinbegebens in die Hand anderer Menschen (Auditoren etc.),
  • eine zunehmende Bereitschaft zur Öffnung intimster persönlicher Bereiche "Führern" gegenüber,
  • zunehmende Akzeptanz von doktrinär beanspruchten Führungsstrukturen (geführtes Leben), (16)
  • Tendenzen zum Leben in einer doktrinär-homogenen Gruppe vor dem Hintergrund der Minimierung des individuellen und gesellschaftlichen Gefährdungspotentials,
  • Tendenzen zur Ablehnung anderer Menschen, die nicht mit scientologischer Doktrin übereinstimmen, die weltanschaulich anders gebunden sind,
  • aggressive Tendenzen bez. des doktrinär geforderten Kampfes gegen Anti-Scientologen,
  • doktrinär geforderter Abbruch der sozialen Beziehungen im Hinblick auf Personen mit antiscientologischem Beeinflussungspotential (sog. "unterdrückerische Personen", "potentielle Schwierigkeitsquellen"), wenn diese Personen nicht mehr handhabbar (manipulativ zu beeinflussen) sind,
  • Vorstellung von einem "technisch handhabbaren" Leben in einer "technisch handhabbaren Gesellschaft und Welt" zur Erlangung von größtmöglicher Selbstbestimmung (Macht - Ökonomie, s.o.). (17)

8.0 Einige Wertpositionen der UNO-Kinderrechtskonvention und der Scientology

8.1 Die Präambel

1989 wurde die "Konvention über die Rechte des Kindes" von der UNO verkündet. In der Präambel wurden sehr deutlich die "pädagogischen" Intentionen dieser Konvention herausgestellt: "Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens [...] in der Erkenntnis, daß das Kind zur vollen und harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer Familie und umgeben von Glück, Liebe und Verständnis aufwachsen sollte,
in der Erwägung, daß das Kind umfassend auf ein individuelles Leben in der Gesellschaft vorbereitet und im Geist der in der Charta der Vereinten Nationen verkündeten Ideale und insbesondere im Geist des Friedens, der Würde, der Toleranz, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität erzogen werden sollte [...] unter gebührender Beachtung der Bedeutung der Traditionen und kulturellen Werte jedes Volkes für den Schutz und die harmonische Entwicklung des Kindes [...] haben folgendes vereinbart: [...]" (18)

8.1.1 Pädagogische Intentionen und Wertpositionen

In diesem juristischen Text werden folgende Wertvorstellungen vermittelt und in den Artikeln normativ umgesetzt:

Individualwerte: Persönlichkeit - Würde
Personalität: Ich-Entwicklung - Eltern, Familie - Angenommensein: Vertrauen, Geborgenheit, Liebe, Verständnis; Vielseitigkeit: Entwicklung der Begabungspotentiale; Erziehungsbedürftigkeit des Individuums; Einmaligkeit - Selbstbestimmtheit - Freiheit - Verantwortung
Würde: Akzeptierung der Werthaftigkeit eines Menschen, damit auch der Unverfügbarkeit über einen Menschen; Selbstbestimmtheit - Freiheit - Verantwortung - Selbstbegrenzung (individuelle und ontologische Wertigkeit) (19)

Sozialwerte: Frieden, Toleranz, Freiheit, Gleichheit, Solidarität
Gleichheit: Unverfügbarkeit über andere aufgrund des qualitativen Seins als Mensch (ontologische Wertigkeit); gleiche Rechte und Pflichten im politischen Leben
Frieden: Akzeptierung des Soseins anderer Menschen und die Suche nach dem Ausgleich von eigenem und fremdem Sosein (Selbstverwirklichung - Selbstbegrenzung); Verzicht auf Dominanz, Gewalt; der andere Mensch in fortwährender, lebendiger Perspektive (Ich - Du)
Toleranz: Ermöglichung des Soseins anderer Menschen; Verzicht auf Dominanz, Gewalt; der andere Mensch in fortwährender, lebendiger Perspektive (Ich - Du)
Freiheit: Positiver Freiheitsbegriff - Rechte und Pflichten; Selbstbestimmung und Selbstbegrenzung in eigen- und sozialverantworteter Lebensgestaltung
Solidarität: Aktive Hinwendung zum Mitmenschen in Problemsituationen und Notlagen aufgrund einer Wir-Identität (s.o. Gleichheit, Würde), eines Mitleidsethos

Sozialwert der Institution: Familie
Emotionale und soziale Entwicklung in einer entlasteten ("glücklichen") Umgebung; Familie als Wert- und Sozialisationsagentur mit Erziehungsverpflichtung und -verantwortung

Die hier avisierten "Ideale" stellen lebensorientierende Vorstellungen dar, die als wertvoll für ein globales Zusammenleben der Menschen gesehen werden. Das Spannungspotential innerhalb einer solchen Grundwerte-Orientierung wird bereits deutlich, wenn man die Wertvorstellungen Freiheit und Toleranz in die Werte-Realisierung des alltäglichen Lebens hineinstellt und reflektiert. Wertvorstellungen ohne die Verkontextung in Lebenssituationen darstellen und reflektieren, nur abstrakt und "rein rational" fassen zu wollen, vernachlässigt die komplexe Vernetzung der Dimensionen von Werten und Leben und der Bedeutung des Wertesubjekts, des konkreten Menschen als eines wertsichtigen, wertentscheidenden und werthandelnden Wesens, und der Wertegemeinschaft, worauf die Kinderrechtskonvention ausdrücklich Bezug nimmt, indem sie die Kulturtraditionen eines Volkes besonders herausstellt und gewichtet. Auch hier in den lebendigen Kulturtraditionen sind Wertkonflikte gegeben.

Die Wertvorstellungen, wie sie in der Präambel der UNO-Kinderrechtskonvention gefaßt sind, gehen von einer offenen Geisteshaltung und einer offenen Gesellschaft aus, wobei die eigenständige, persönliche Auseinandersetzung mit anderen Ideen, Positionen, Wertvorstellungen, Lebensgestaltungen als für die Entwicklung der Person grundlegend und wichtig angesehen wird. Damit werden hier Wertpositionen vertreten, die dem tradierten Wertefundament westlicher Demokratien und damit der jüdisch-christlich-aufklärerisch-gesellschaftskritischen Tradition entstammen und von daher sehr stark kulturspezifisch sind. Wie ist aber die gesellschaftliche Situation zu bewerten, wenn eine Organisation bzw. eine Wertagentur "geschlossene Lebensentwürfe" mit radikaler Polarisierung im Werturteil und im gesellschaftlichen Zusammenleben propagiert und gegebenenfalls praktisch durchführt (Ausgrenzung und Ausmerzung von Gegnern, von taxierten menschlichen "Störquellen")? Wie ist ferner die gesellschaftliche Situation zu bewerten, wenn solche Organisationen in ihrem programmatischen Schriftgut sich widersprechende, diffuse oder tagesaktualisierte oder strategisch-variierende Wertpositionen, die für den Erziehungsbereich wesentlich sind, vertreten (Chamäleon-Phänomen)?

Die in der Kinderrechtskonvention formulierten Wertpositionen sind vor allem für ältere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene relevant, obwohl die Erziehung in einer offenen Atmosphäre in der frühen Kindheit konstitutiv für die Wahrnehmung von und Auseinandersetzung mit anderen Vorstellungen und komplexer Realität ist.
Zwar heißt es im Artikel 19 (1) -
"Die Vertragsstaaten treffen alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen, um das Kind vor jeder Form körperlicher oder geistiger Gewaltanwendung, Schadenszufügung oder Mißhandlung, vor Verwahrlosung oder Vernachlässigung, vor schlechter Behandlung oder Ausbeutung einschließlich des sexuellen Mißbrauchs zu schützen [...]" (20)
- doch wird hier sowohl das juristische als auch das pädagogische Dilemma offenbar: Was heißt Schutz "vor jeder Form von geistiger Gewaltanwendung"? Wo sind die Grenzen bei der allgemeinen Werterziehung, bei der religiösen, bei der politischen Erziehung zu setzen? Darf sich die Gesellschaft, dürfen sich die staatlichen Autoritäten hierbei in die privaten Verhältnisse - wertend und sanktionierend - einmischen? Stehen dem nicht die Normierungen der Kinderrechtskonvention mit ihren impliziten Wertvorstellungen entgegen: etwa Art. 2 (2) (Schutz vor Diskriminierung bez. Weltanschauung), Art. 14 (2) (u.a. religiöse und weltanschauliche Erziehung), Art. 18 (Gewichtung der Eltern für die Erziehung)?
«
In dem auf strenge hierarchische Führerschaft und Kontrolle angelegten doktrinären Scientology-System (21), das

  • Freiheit, Selbstbestimmung und Bildung von welt-anschaulichen Standpunkten wesentlich unter systemerhaltenden, -stabilisierenden und -gerechtfertigten Aspekten sieht,
  • Menschen und Gruppen sowie Gesellschaften ausschließlich unter doktrin-feindlichen oder -freundlichen Aspekten taxiert,
  • die Freiheit und Verantwortung des Entscheidungs- und Handlungssubjektes für seine Lebensgestaltung, auch evt. im Sinne einer Entscheidung gegen Scientology, nicht essentiell als eine personale Gewissensentscheidung mit Verantwortungshaftung in seiner Werterziehung und Ethik grundlegend thematisiert,
  • einen extrem-normativen Letztverbindlichkeitsanspruch verfolgt (ohne Scientology keine Rettung des Menschen, der Gesellschaft),
  • kindliches Leben, das menschliches Leben tendenziell als technisch-manipulativ, biologisch-manipulativ vermittelt (Scientology als Technologie, Ethik als Technologie),
  • kindliche Erziehung - primär - nicht mit den Kategorien von (Ur-)Vertrauen und Liebe faßt,
  • Kindsein und Kindheit und Erziehung des Kindes nicht prinzipiell und strukturell anders und different in Relation zum Erwachsensein sieht mit den sich daraus ergebenden praktischen Konsequenzen (Kind - Erwachsener, s.o. anthropologisches Strukturschema),
  • menschliches Leben zur Selbstbefreiung in Kursqualifikationen fixiert,
  • Solidarität (weitergehend: Nächstenliebe) dort nicht mehr essentiell erwähnt, wo keine Leistungen in ökonomisch meßbaren Statistiken mehr existieren (leistungsunfähige, behinderte Menschen etc.; s. auch die obigen Ausführungen: Kind - Arbeit - Leistung),
  • sich selbst in variierender und verwirrender Darstellung als Religion, als Technologie, als Philosophie, als Wissenschaft, als Wegweisung etc. selbst interpretiert (Chamäleon-Phänomen),
  • eine verdeckte Metaphysik stärker fiktionaler als genuin philosophischer Provenienz besitzt,
  • den Begriff "Gott", "Höchstes Wesen" begrifflich einführt, ohne diesen Begriff einer Klärung zuzuführen, was systemimmanent einen eklatanten Verstoß gegen scientologische Kommunikationsauffassung darstellt,
erscheint eine auch nur annäherungsweise angestrebte Erfüllung o.a. Wertvorstellungen der UNO-Kinderrechtskonvention als äußerst problematisch, weil im Hinblick auf Scientology fundamentalistische und totalitaristische Strukturmerkmale gegeben erscheinen. (22)

Im Hinblick auf die o.a. programmatischen Wertvorstellungen der Präambel - Persönlichkeit, Würde, Frieden, Toleranz, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Familie - bestehen wesentliche Grundschwierigkeiten darin, daß die Begriffsinhalte der Kinderrechtskonvention in der Scientology systemimmanent umstrukturiert werden (partielle oder totale Umwertung der Werte), so daß es zur gleichen Denomination von Phänomen etc. mit z.T. gravierenden semantischen Differenzen kommt. Dies kann gerade auch dadurch deutlich gemacht werden, daß semantische Vernetzungskomplexe aufgezeigt werden. (23)

8.1.2 Konfligierende scientologische Wertvorstellungen bei gleicher Denomination:

Persönlichkeit - Würde: Geistigkeit manifestiert sich in Vernünftigkeit (s.o. Verstandespotentiale); Vernünftigkeit zeigt sich im erfolgreichen Handling von Situationen und Personen; Selbstbestimmung bedeutet Macht über Personen und Situationen in der Regel aufgrund des ökonomischen Status, der sich in erfolgreicher Statistik dokumentiert (ökonomischer, gesellschaftlicher, politischer Machtstand);
Ausgrenzung und Ausmerzung von Nicht-Leistungsfähigen, Leistungsunwilligen (Deklassierung als Würdelose bzw. geistig Erkrankte) etc.;

Frieden: Zusammenleben rein funktional nach staatlichen Gesetzen, Vorschriften, solange sie nicht das scientologische System stören (Hubbards merkwürdige Differenzierung von Ethik - Recht - Legitimation von Widerstand);
Brechung des Friedens legitimiert durch eine scientologische Ethik; (24)

Toleranz: Scientology mit "wissenschaftlichem" Heilswegversprechen ohne Gewährleistungsverpflichtung; (25)
Bekämpfungspflicht von Personen für Scientologen, wenn jene als Störfaktoren (Anti-Scientologen) identifiziert oder taxiert werden;

Freiheit: bürgerliche Freiheit, solange sie für Scientology unter dem Aspekt der Expansion funktional wichtig ist; essentielle Freiheit nur systemimmanent legitimiert (doktrinär geführte Befreiung des einzelnen zur Freiheit des Thetan; in Qualifikationskursen);
Schaffung einer eigenen Ethik, die mit doktrinär beanspruchter Autorität vorgegeben wird (s.o. z.B. Auditing als ein Element) und systemimmanent persönliche Freiheit ohne öffentliche Kontrolle und Legitimation einschränkt; Schaffung von Funktionskadern zur Überwachung der Einhaltung von doktrinär vorgegebenen Verhaltensnormen (Kodex-Verhalten), der Einhaltung von systembedingten Grenzziehungen (Extremsituation: Kappung emotionaler und sozialer Beziehungen);

Gleichheit: Gleichheit der Leistungsträger; Ausgrenzung von Leistungsunfähigen, -unwilligen mit der Perspektive: Kasernierung von Lebensuntüchtigen;

Solidarität: technisch-scientologische Handhabung von Personen bei Schwierigkeiten (z.B. mit der sozialen Umgebung, in ökonomischen Verhältnissen); kein essentielles Mitleidsethos (26); vor dem Hintergrund eines us-amerikanischen Pragmatismus und Präferenzutilitarismus: ethische Prinzipien von Nutzen und Glück zunächst für das Individuum, in Perspektive für die Gesellschaft;

Familie: primär als Überlebensgruppe im beständigen Überlebenskampf. (27)
Dieses wert- und begriffsfundierte Dilemma soll am scientologischen Verständnis der Familie und der darin praktizierten Erziehung aufgezeigt werden: In der Kinder-Dianetik heißt es:

"Eine Familie ist eine Gruppe, die als gemeinsames Ziel das Überleben und Vorankommen dieser Gruppe hat. Ein Kind, dem nicht erlaubt wird, beizutragen oder das die Ziele und Arbeitsprinzipien des Familienlebens nicht versteht, isoliert sich von der Familie und geht seine eigenen Wege. Ihm wird gezeigt, daß es nicht Teil der Familie ist, weil es nicht beitragen kann. So wird das Kind gegen die Familie eingestellt - der erste Schritt auf dem Weg zum antisozialen Verhalten. Es verschüttet Milch, verärgert Ihre Gäste und schreit draußen beim "Spielen" vor Ihrem Fenster. Ihr Kind wird sogar krank, nur um Ihnen Arbeit zu machen. Ihm wird gezeigt, daß es ein Nichts ist, indem ihm gezeigt wird, daß es nicht fähig genug ist, etwas beizutragen. Sie können nicht mehr tun, als das Lächeln, die Tänze und die Zweige des sehr kleinen Kindes anzunehmen. Aber sobald das Kind es verstehen kann, sollte man ihm ausführlich erzählen, wie die Familie funktioniert." (28)
Nicht nur hier, sondern auch in anderen, später erschienenen scientologischen Publikationen (29) wird diese starke, tendenziell ökonomisch wertorientierte Interpretation von Familie vorgetragen, so daß der Zusammenhang von "Familie - Überleben - ökonomischem Status - Macht - Selbstverwirklichung - Freiheit" deutlich wird. Das Kind, das nicht bereit und nicht willig ist, zum Unterhalt der Familie beizutragen, wird allmählich ausgegrenzt. In der radikalen Konsequenz bedeutet dies: "Ihm wird gezeigt daß es ein Nichts ist ..." Das ist eine deutliche Sprache jenseits aller hehren Wertangaben etwa im Scientology-Handbuch-Kinder. Das ist die Ausgrenzungstendenz, wie sie bei internen Abständigen (sog. Verbrechern, Schwerverbrechern etc. nach scientologischem Ethik-Kodex) und externen anti-sozialen und anti-scientologischen Personen radikal erfolgt (30), - also auch bei Kindern, da Kinder anthropologisch-strukturell wie Erwachsene zu behandeln sind (s.o. Grundsätze). Die Un-Wertigkeit beruht hier auf einer Leistungsunfähigkeit bzw. -unwilligkeit, sie hat letztlich ein ökonomisches Fundament. Dies ist in Beziehung zu sehen mit dem Ethik-Ansatz Hubbards bzw. der Scientology. (31) Von daher wird auch einsichtig, wie das Problem zu handhaben ist: Das Kind muß "gehandhabt" werden i.b.a. Funktionieren der Familie (d.i. wesentlich: optimales ökonomisches Funktionieren der Familie). Hierbei wird der stark funktionalistische Interpretationsansatz von Familie deutlich.

Sollten die elterlichen "Handhabungsversuche" nicht den gewünschten Erfolg bringen, wird in der Kinder-Dianetik der Rat gegeben:
"[...] holen Sie einfach einen Auditor hinzu, der es (= das Kind; d. Vf.) ein wenig auditiert, denn Sie haben bereits zu viele Fehler gemacht.
Als erstes braucht ein Kind Sicherheit. Ein Teil dieser Sicherheit ist Verstehen, und ein Teil davon ist ein fester Verhaltenskodex. Was heute gegen das Gesetz ist, kann nicht morgen ignoriert werden.
Sie können ein Kind tatsächlich körperlich bestrafen, um Ihre eigenen Rechte zu verteidigen, so lange es besitzt, was es besitzt, und Ihnen helfen und für Sie arbeiten kann. Erwachsene haben Rechte. Das Kind sollte das wissen. Ein Kind hat das Erwachsensein als Ziel. Wenn ein Erwachsener nicht mehr Rechte hat, warum sollte man dann erwachsen werden?" (32)
Um das Funktionieren der Familie sicherzustellen, sind dem Kind klare Verhaltensnormen zu geben,

  • die es nicht vergewaltigen (s.o. 5.1: nicht den Willen brechen, mit Verständnis begegnen, von den Begabungen, Neigungen her motivieren, Belassen eines eigenen Verfügungs-/Besitzbereiches etc.),
  • die es aber durchzuhalten gilt und
  • die ganz deutlich Macht- und Funktionsverhältnisse markieren.
In dem Augenblick, in dem das verstehende Kind, das ältere Kind, der Jugendliche etc. den familiären Verhaltenskodex verletzt, tritt das Überlebensprinzip der Familie in den Vordergrund. Das Kind hat dann Aberrationen, zurückzuführen auf Engramme, auf Einflüsse seitens antisozialer, antiscientologischer Personen etc. Es besteht keine gute Kommunikation mehr zwischen der ersten und dritten Dynamik, die eben über die Technologie der Scientology (z.B. Auditing) wiederherzustellen ist: über eine revidierte Einstellung und Haltung. Der scientologische Handlungsoptimismus geht dahin, daß mit der richtigen, eben scientologischen Technik die Situation und das Kind "gehandhabt" werden können. So werden sich die Kinder "zu kooperativen, gesunden Mitgliedern der Gesellschaft entwickeln". (33) Die weitere Perspektive ist dann die "gesunde, leistungsfähige Gesellschaft" - auch als Welt-Gesellschaft.
 

8.2 Andere konfligierende Wertvorstellungen

Im folgenden sollen weitere, wichtige, konfligierende Wertvorstellungen zwischen der UNO-Kinderrechtskonvention und der Scientology aufgezeigt werden. Dabei kann nur exemplarisch vorgegangen werden, was die Zitation der Scientology-Quellen betrifft. Es wird hierbei vor allem auf Hubbards "Ethik der Scientology" eingegangen, weil darin ein explizites Normensystem mit seinen intendierten Wertvorstellungen aufzufinden ist.

8.2.1 Konfliktbereich: Meinungsfreiheit - Gewissensfreiheit - Glaubensfreiheit

Kinderrechtskonvention
Artikel 12 (1) - Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich seine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife."

Artikel 13 (1) - "Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung: dieses Recht schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort und Schrift oder Druck, [...] zu empfangen und weiterzugeben." - Einschränkungen werden aufgeführt. in Art. 13 (2).

Artikel 14 (1) - "Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit." - Einschränkungen werden aufgeführt. in Art. 14 (3). (34)

Scientologische Ethik
"Leute haben die Handlung, 'dem Weg zu folgen', mit 'dem Recht auf eigene Ideen' durcheinandergebracht. Natürlich hat jeder das Recht, Meinungen, Ideen, Cognition zu haben - solange diese den Weg hinaus für einen selbst und für andere nicht versperren." (35)
"Die Scientology ist etwas Neues - sie ist der Weg hinaus. Es hat vorher keinen gegeben. Alle Verkaufskunst der Welt kann einen schlechten Weg nicht zu einem richtigen machen. Und es werden eine schreckliche Anzahl schlechter Wege verkauft. Ihr Endprodukt ist weitere Sklaverei, mehr Dunkelheit, mehr Elend.
Die Scientology ist das einzige funktionsfähige System, das der Mensch hat. Sie hat bereits Menschen zu einem höheren IQ, einem besseren Leben usw. geführt. Kein anderes System hat das getan. Erkennen Sie daher, daß sie keinen Konkurrenten hat." (36)

An diesen zwei Zitaten wird bereits der markante doktrinäre Anspruch von Scientology deutlich, allein den richtigen Weg zur Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, zur Selbstbefreiung schlechthin zu besitzen. (37)

Das bedeutet in der Konsequenz:

  • Ausschluß aller anderen Doktrinen als unwahr und unrichtig, (38)
  • totale Überlegenheit des eigenen Systems gegenüber anderen (Christentum, Islam, Buddhismus etc.),
  • deshalb: existentielle Notwendigkeit, Scientology bedingungslos zu folgen (Totalitätsanspruch) und zu fördern (Expansionsanspruch),
  • deshalb: Bekämpfung von Kritikern, Antagonisten etc. von Scientology und Scientologen (aggressive Aversion gegen öffentliche Kritik und Überprüfung),
  • deshalb: totale Integration des Individuums in das doktrinäre System Scientology (Ethik-Kodex mit dem speziellen Verständnis von Ethik. (39)
Hier wird deutlich, daß es eine Vielfältigkeit von Lebensentwürfen, individuellen Wahlmöglichkeiten in individueller und sozialer Verantwortung systembedingt gar nicht geben kann. Das scientologische Gewissen ist ein eng doktrin-fixiertes Gewissen, auf systemorientierte Normeneinhaltung und scientologische Gesinnung ausgerichtet (im klassischen Sinne: Gesinnungsethik; Verbindung von Ökonomie und Ethik). Persönliche Verantwortung, Entscheidung, Schuld, Sühne im Hinblick auf den konkreten Mitmenschen haben eine andere doktrinäre Vernetzung als z.B. in christlicher Doktrin. (40) Von daher kann die Erziehung nicht eine "verstehende, offene Erziehung " sein, sondern ist vielmehr systemstabilisierend fixiert.
 

8.2.2 Konfliktbereich Eltern - Erziehung - Gesellschaft

Kinderrechtskonvention
Artikel 18 (1): " Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, daß beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind." (41)

Scientologische Ethik
"Wenn ein Ethik-Officer feststellt, daß ein Scientologe zu einem Familienmitglied PTS ist (PTS Typ A), dann empfiehlt er nicht, daß er die Verbindung mit der Quelle des Antagonismus abbricht. Der Ratschlag des Ethik-Officers an den Scientologen ist, es zu handhaben.

Die Handhabung einer solchen Situation besteht darin, die PTS-Person in der Technologie hinsichtlich PTS-Sein und Unterdrückung zu unterweisen und sie dann geschickt und entschlossen durch die Schritte zu führen, die nötig sind, um die gute Kommunikation mit der Quelle des Antagonismus wiederherzustellen. Dies löst schließlich die Situation, indem ein Verstehen auf seiten der antagonistischen Person zustande gebracht wird, was Scientology ist und warum die PTS-Person daran interessiert ist und sich damit befaßt. Ist dies erreicht, dann haben Sie natürlich überhaupt keine PTS-Person mehr - und Sie könnten sehr wohl einen neuen Scientologen vor sich haben!" (42)

Eine PTS (potential trouble source) ist eine potentielle Störquelle, also eine Person, die auf Mitglieder von Scientology oder die Organisation negativ wirkt. Diese PTS (Typ A - Person, die verwandtschaftliche Kontakte zu einer SP hat) kann z.B. durch eine SP (suppressive person - unterdrückerische Person) in ihrer Einstellung und Haltung Scientology gegenüber negativ beeinflußt werden (SP in Distanz, Kritik, Ablehnung, Bekämpfung etc. zu Scientology), was sich konsequentermaßen auf die Scientology auswirken muß. Diese Problematik, die z.B. im Auditing oder bei ökonomischem Mißerfolg (ökonomische Statistik) recherchiert werden kann, kumuliert bei familialen und starken emotionalen Bezugspersonen. Damit die PTS nicht system-destabilisierend wirken kann, muß sie die Situation oder die scientologisch-gefährliche (= antagonistische) Person "handhaben". Wie im o.a. Zitat die Verbalisierung der Strategie eindeutig belegt, ist es ein zielgerichteter, gelenkter doktrinärer Beeinflussungsprozeß i.b.a. die ausgemachte antagonistische Person mit dem Ziel, eine Akzeptanz der Scientology zu erreichen bzw. die SP "umzudrehen", sie manipulativ-prozeßhaft zu einem Scientologen zu machen. Jede kritisch-distanzierte Auseinandersetzung mit Scientology führt zu einem Feind-Verhältnis, was vor dem Hintergrund einer unterstellten Einengung der Expansionsdynamik von Scientology zu sehen ist ("Unterdrückung"). Das bedeutet in der Konsequenz, daß soziale und emotionale Beziehungen von Scientologen/innen zu ihren Familienmitgliedern, Partnern etc. abgebrochen werden müssen, falls die antagonistische Person nicht erfolgreich einstellungsmäßig umstrukturiert werden kann.

Legitimiert wird diese Handlungsnorm und -praxis durch ein anscheinend jahrtausendealtes Ethos: "Mit unserer Technologie von "Handhaben oder die Verbindung abbrechen" tun wir tatsächlich nichts anderes als das, was jede Gesellschaft, Gruppe oder Ehegemeinschaft in Tausenden von Jahren getan hat. Wir können es uns nicht leisten, diese grundlegende Freiheit zu leugnen, die ansonsten jedermann gewährt wird: das Recht zu wählen, mit wem man kommunizieren möchte und mit wem nicht." (43) Eine individuelle Entscheidung der Aufrechterhaltung von Kommunikation wird hier grundlegend doktrinär gehandhabt mit der gesellschaftlichen Konsequenz von intendierten Ausgrenzungen von Individuen und Gruppen (auch Staaten). (44)

Vor dem aufgezeigten Hintergrund der doktrinären Strategien von Scientology stellen sich radikale Fragen bez. der Beziehungen und Probleme, wenn ein Elternteil, wenn das ältere Kind, wenn andere Familienangehörige als antagonistische Person bzw. Personen z.B. vom Auditor oder Ethik-Officer identifiziert werden (Identifizierungs- und Fahndungverpflichtung):

  • Werden hier nicht familiale und soziale Beziehungen aus system-stabilisierenden und doktrinären Strategieüberlegungen gefährdet bzw. abgebrochen?
  • Hat eine Doktrin, hat eine Wertagentur ein Recht, einen doktrinären Totalanspruch auf das Kind, auf die Eltern etc. normativ zu formulieren und in Praxis auszuüben?
  • Sind solche normativen Vorgaben und Strategien nicht menschenrechtsverletzend?
  • Macht es Sinn, wenn eine solche Wertagentur mit einem solchen Totalitätsanspruch an das Individuum, an Gruppen mit ihren unterschiedlichen Wert- und Denkstrukturen, mit ihren unterschiedlichen weltanschaulichen und kulturellen Traditionen menschenrechtliche Positionen für sich reklamiert?
  • Werden dann die Ideale der Kinderrechtskonvention, wie sie im Artikel 29 noch einmal gewichtend zusammengefaßt werden, nicht Makulatur?
Artikel 29 (1): "Die Vertragsstaaten stimmen darin überein, daß die Bildung des Kindes darauf gerichtet sein muß,
a) die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen;
b) dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten und den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen zu vermitteln;
c) dem Kind Achtung vor seinen Eltern, seiner kulturellen Identität, seiner Sprache und seinen kulturellen Werten, den nationalen Werten des Landes, in dem es lebt, und gegebenenfalls des Landes, aus dem es stammt, sowie vor anderen Kulturen als der eigenen zu vermitteln;
d) das Kind auf verantwortungsbewußtes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten;
e) dem Kind Achtung vor der natürlichen Umwelt zu vermitteln." (45)

Und weitergehend ergibt sich die radikale Frage: Verstößt ein ethischen System (Hubbards "Ethik der Scientology"),

  • das wesentlich durch eine individuelle und gruppenorientierte Leistungs- und Erfolgsdoktrin gekennzeichnet ist, (46)
  • das Krankheit und Behinderung von Kindern und Erwachsenen als ethisches und moralisches Problem im wesentlichen ausspart oder bloß als Phänomen anonymer Prozesse oder bloß als Phänomen gesellschaftlicher Degeneration interpretiert, (47)
nicht essentiell gegen die Kinderrechtskonvention, die dem beeinträchtigten, behinderten Menschen Wert und damit Würde zuspricht?

Artikel 23 (1): "Die Vertragsstaaten erkennen an, daß ein geistig oder körperlich behindertes Kind ein erfülltes und menschenwürdiges Leben unter Bedingungen führen soll, welche die Würde des Kindes wahren, seine Selbständigkeit fördern und seine aktive Teilnahme am Leben der Gemeinschaft erleichtern.
(3): "[...] Erziehung, Ausbildung [...] dem behinderten Kind tatsächlich in einer Weise zugänglich sind, die der möglichst vollständigen sozialen Integration und individuellen Entfaltung des Kindes einschließlich seiner kulturellen und geistigen Entwicklung förderlich ist." (48)

Gerade auch mit diesem letzten Artikel eröffnet sich eine aktuelle gesamtgesellschaftliche Kontroverse:
Die Werthaftigkeit des Menschen

  • als ungeborenes Kind,
  • als körperlich und geistig behindertes Kind, als chronisch krankes Kind,
  • weitergehend als erwachsener, als alter Mensch.
Und damit ergeben sich aktuelle grundlegende Fragen -
  • Ist die Würde des Menschen angeboren?
  • Worin besteht die Würde des Menschen?
  • Kommt dem Menschen Würde prinzipiell zu?
  • Ist "Würde" nicht ein problematischer wertorientierter Begriff?
  • Ist die Würde des Menschen abstufbar?
  • Worin besteht der Wert des menschlichen Lebens?
  • Wann ist menschliches Leben unwertig?
die zureichend nicht bloß technisch-operational, empirisch, (naiv-)objektiv beantwortet werden können, sondern wesentlich auch (!) wertorientiert. (49)

Vernetzt mit diesen Grundsatzfragen ist die Auseinandersetzung mit und um Scientology als Doktrin (Weltanschauung), als Verhaltenstechnik (Technologie) und als Organisation (Wertagentur) zu sehen, denn Scientology will von ihrem Selbstverständnis her zunächst den Menschen, dann die Gesellschaft und die Weltgesellschaft grundsätzlich - d.h. nach doktrinären Prinzipien - ändern. (50)
 

9.0 Unterrichtliche Perspektiven

Vor dem Hintergrund dieser drängenden Fragen ergibt sich eine Konsequenzlinie in den Unterricht hinein. Wie bereits oben angeführt, hat sich die Pädagogik mit den Phänomenen und Auswirkungen moderner fundamentalistischer Wertagenturen nur unzureichend oder gar nicht beschäftigt, obwohl sie über eine Tagesaktualität hinaus wichtig für den Erziehungsbereich sind. Die jüngsten juristischen Auseinandersetzungen (z.B. bez. Scientology; Universelles Leben u.a.; Kruzifix-Urteil und mögliche hintergründige Aktionsvernetzungen etc.) haben mögliche gefährliche Ausstrahlungspotentiale auf den Erziehungsbereich mehr als deutlich werden lassen. Hinzu kommen Pressekampagnen (z.B. Scientology in USA) und Straßenwerbungen, -verkäufe in den Fußgängerpassagen deutscher Großstädte von diversen Organisationen. (51) Die Aktualität der Auseinandersetzung hat sich auch in der Einrichtung einer Enquetekommission des Deutschen Bundestages "Sog. Sekten und Psychogruppen" niedergeschlagen. (52) Insgesamt legitimiert sich von daher auch eine unterrichtliche Beschäftigung mit dieser Thematik im Pädagogik-Unterricht der Mittel- und Oberstufe (weitergehend im Philosophie- und Ethik-Unterricht; ferner im Deutsch-/Literatur-Unterricht unter dem thematischen Stichwort: science fiction).
 

9.1 Integration in das Curriculum: Wahlpflichtunterricht Jahrgangsstufe 10:


• Erziehung in einer demokratischen Gesellschaft

Thema: Begründung und Legitimation von Normen in einer wertpluralen, demokratischen Gesellschaft - Freiheiten - Gefährdungen dieser Freiheiten
Inhalte: Kinderrechtskonvention - UNO-Menschenrechte 1948 - Verfassung der BR Deutschland - Texte von Scientology
Aspekte: Normen- und Wertvorstellungen (mit pädagogischer Relevanz): Sicht des Kindes - Schutz des Kindes - Erziehungsgrundsätze
Problematisierung: Normen- und Wertvorstellungen in Abhängigkeit von weltanschaulichen Positionen
Konkretes Beispiel: Scientology: - Wertvorstellungen (mit pädagogischer Relevanz): Sicht des Kindes - Schutz des Kindes - Erziehung des Kindes

• Orientierungsprobleme und -möglichkeiten in moderner Gesellschaft

Thema: Lebensfragen - Antworten - Freier Markt von Wertsystemen - Weltanschauungssysteme - Individualismus - Privatismus
Inhalt: Verfassung der BR Deutschland (Sicherung der politischen Grundrechte: Rede-, Meinungs-, Glaubensfreiheit etc.) - Texte Scientology
Aspekte: Glaube - Wissen - Wissenschaft - Lebensfragen - Lebensantworten
Problematisierung: Geschlossene Lebensentwürfe - Geschlossene Wert- und Weltanschauungssysteme - Fundamentalismus - Totalitarismus
Konkretes Beispiel: Scientology
 

9.2 Integration in das Curriculum: Oberstufe

Jahrgangsstufe 11

• Pädagogische Anthropologie - normative Aspekte - Erziehungsziele

Pädagogische Aspekte einer technologischen Anthropologie: Scientology - im Vergleich mit anderen (z.B. philosophischen - theologischen) Anthropologie-Ansätzen

Jahrgangssstufe 13

• Erziehungssysteme - Fundamentalismus - Totalitarismus - Extremismus

Erziehungskonzeption in Abhängigkeit von Weltanschauung: Menschen- und Gesellschaftskonzeption, Ökonomie und Leistung/Arbeit
 

9.3 Literaturhinweise für den Unterricht:

Primärliteratur etc.: s. Literaturverzeichnis des Aufsatzes
Bestellungen Kinderrechtskonvention bei UNICEF-Komitee, Höninger Weg 104, Köln (kleine Schutzgebühr)
Bestellungen des Jaschke-Gutachtens bei Innenministerium, Abt. Verfassungsschutz, Postfach 103013, 40021 Düsseldorf (kostenlos in Klassen-/Kursstärke)

Literatur für Schüler/innen der Mittelstufe und Oberstufe:

P. Köpf: Stichwort Scientology, München 1995 (Tb.)
L.v. Billerbeck, F. Nordhausen, Der Sektenkonzern: Scientology auf dem Vormarsch, München (Nov.) 1994 (Tb)

Literatur für Schüler/innen der Oberstufe:

F. Valentin / H. Knaup: Scientology - der Griff nach Macht und Geld. Freiburg 1992 (Tb.)
J. Herrmann (Hg.): Mission mit allen Mitteln. Der Scientology-Konzern auf Seelenfang. Reinbek 1994 (Tb.)
N. Potthoff: Was ist Scientology? Krefeld 1992

Vertiefende Literatur:

F.-W. Haack, Scientology - Magie des 20. Jahrhunderts, München 3. Aufl. 1995
W. Thiede, Scientology - Religion oder Geistesmagie? Konstanz 1992 (Tb.)

Literaturservice:

Spezielle Literatur (für vernetzte Aspekte/Teilthemen) kann auch beim Autor angefragt werden (Brief mit Rückporto): Gerhard Mercator Universität, Fachbereich 2 (EW) - Dr. Rüdiger Gollnick, Lotharstr. 65, 47048 Duisburg

Anmerkungen:

1 Pädagogisch orientiert: K.-H. Eimuth: Die Sekten-Kinder. Mißbraucht und betrogen - Erfahrungen und Ratschläge. Freiburg 1996 (Tb.) Scientology - S. 65-110
2 Kinder, S. 0 (Innenseite)
3 Zum Begriff "Wertagentur" ausführlich, s. Gollnick, R.: Abwehr religiös-fundamentalistischer Strömungen - Wahrung der Menschenrechte vor dem Hintergrund der Regula Benedicti - als Zukunftsaufgabe benediktinischer Gemeinschaften: am Beispiel OPUS DEI. In: Regulae Benedicti Studia, Annuarium Internationale, Bd. 19, St. Ottilien 1997 (Referat auf dem Internationalen Regula Benedicti Kongreß im Sept. 1996 in Rom; wird im Herbst 1997 erscheinen)
4 Kinder, S. 1
5 Religion (Glossar), S. 85 f.
6 S. hier v.a. die interessanten, unterschiedlichen (!) Darstellungen bez. Hubbards Biographie in den diversen Scientology-Publikationen!
7 Religion, S. 50; im Kontext hier: Angriff auf Materialismus, Psychiatrie und Psychologie des 19./20 Jahrhunderts, s. auch: Religion, S. 8 ff.; s. zum Wege-Topos Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 138 ff.
8 Etwa: biographisch orientierte Explorationssitzungen mit einem Auditor und mit Anwendung eines E(lektropsycho)-Meters (häufig verglichen mit einer Art primitivem Lügendetektor) ohne wissenschaftlich anerkannte Methodik und öffentlich-kritische Ergebnisüberprüfung auf der Basis scientologischer Doktrinüberzeugtheit, Frage- und Interpretationsschemata; s. dazu Ethik (Glossar), S. 295 (E-Meter)
9 E-Meter als "religiöses Gerät" (!) bezeichnet: "Das Hubbard®-Elektrometer ist ein religiöses Gerät, das in der kirchlichen Beichte verwendet wird. Aus sich selbst heraus tut es nichts, und es wird ausschließlich von Geistlichen verwendet, um Gemeindemitgliedern bei der Auffindung von Bereichen seelischer Nöte oder Qualen behilflich zu sein." (Ethik , An den Leser)
10 S. z.B. Religion, S. 34, S. 58 ff.; Materialismus-, Psychiatrie-Aversion, S. 12 ff., 30, 33
11 Kinder, S. 3
12 Kinder, S 3 f.
13 Kinder, S. 16; obwohl diese Umarmung auch ein zeichenhafter, eben nonverbaler Gestus ist, der zur Bildung einer festen Assoziationskette führen kann!
14 Kinder, S. 17; Redepassagen wörtlich übernommen
15 Auf das Auditing in seiner psychologischen und weitergehend pädagogischen Problematik kann hier nicht ausführlicher eingegangen werden. S. dazu ausführlich Voßmerbäumer!
16 Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 145 f.
17 Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards und ihre gesellschaftlichen Konsequenzen im werterziehlichen Bereich. In: Gollnick, R.: Auseinandersetzung mit scientologischer Ethik - Konsequenzen für die Werterziehung, St. Augustin 1997, wird Mitte 1997 erscheinen.
18 Kinderrechtskonvention, S. 3 f.
19 Es soll nur kurz auf die Werte-Problematik und die Werte-Konfliktsituation infolge der Straßburger "Bioethik-Konvention" hingewiesen werden. Hier treten z.T. Wertpositionen auf, die der UNO-Kinderrechtskonvention entgegenstehen (z.B. Schutz des vorgeburtlichen Lebens, Wert des behinderten Lebens etc.); ferner im Gegensatz zur UNO-Konvention stehend Positionen von Kuhse/Singer.
20 Kinderrechtskonvention, S.7
21 S.dazu ausführlich Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 143 ff.
22 Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 138 ff.; Jaschke: Auswirkungen, S. 29 ff.
23 Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 146 ff.
24 Hubbard: Ethik, S. 107 ff.; s. Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17
25 S. dazu: Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17
26 S. dazu: Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards (Kap. Straßenkämpfe, Mitleidsethik)
27 Kinder, S. 8
28 Kinder-Dianetik S. 8
29 S.z.B. Scientology-Handbuch-Kinder
30 S. dazu ausführlich Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17
31 S. Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards (Kap. Ethik-Ökonomie), Anmerkg. 17
32 Kinder-Dianetik, S. 9
33 Kinder, S. 32
34 Kinderrechtskonvention, S. 6
35 Ethik, S. 191
36 Ethik, S. 191 f.
37 S. dazu ausführlich, Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 138 ff..
38 Hinweis: wahr - Erkenntnis / Realität; richtig - Logik / Mittel-Zweck-Rationalität
39 S. Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17
40 S. dazu Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Kap. Straßenkämpfe, Anmerkg. 17
41 Kinderrechtskonvention, S. 7
42 Ethik, S. 147
43 Ethik, S. 146
44 S. dazu die Pressekampagnen der Scientology gegen die BR Deutschland, zuletzt in "Open Letter To Helmut Kohl"
45 Kinderrechtskonvention, S. 11
46 S. dazu Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17
47 S. dazu die einleitenden Seiten von Scientology-Handbuch-Religion, S. 1 ff.
Kennzeichnend für die 'scharfe gesellschaftspolitische und geistesgeschichtliche Analyse' auf diesen Seiten ist der Einsatz des rhetorischen Mittels der Wiederholung mit der indefiniten Phrase (einige Beispiele): "Irgend etwas hat sich beim Menschen verändert. (S. 1) - Irgend etwas hat einen Niedergang im Gemeinschaftssinn des Menschen verursacht. (S. 2) - Irgend etwas hat die Mißachtung für die Erde selbst verursacht. (S. 5). [...]"
48 Kinderrechtskonvention, S. 9; s. Anmerkg. 19!
49 Vor dem gesellschaftlichen Hintergrund einer pragmatischen und utilitaristischen Ethik mit den Prinzipien von Erfolg und Glück - in Verbindung mit der Grundsatzdebatte um Eugenik und Euthanasie (Sterbehilfe) sowie Menschenrechte und Bioethik-Konvention - in Verbindung mit ökonomischen Problemen der Finanzierbarkeit von Gesundheit, Bildung, Ausbildung, Renten etc. - in Verbindung mit den weltweiten (z.T. neo-kapitalistischen) Produktions- und Handelsstrategien nationaler und internationaler Konzerne mit ihren strukturellen Rückwirkungen auf nationale Gesellschaften - in Verbindung mit der sich daraus ergebenden neuerlichen Grundwerte-Diskussion ist die gegenwärtige bundesdeutsche Diskussion zu sehen, wobei Scientology ein Strukturelement dieses gesellschaftlichen Hintergrundes darstellt..
50 In Verbindung mit den Ausführungen in Anmerkung 49 hat Scientology bisher ein sehr starkes wirtschaftliches oder theologisches Untersuchungs- und Rechercheinteresse gefunden.
51 Es sei hier aber ausdrücklich angemerkt, daß es falsch ist, sich nur auf Scientology zu konzentrieren. Es gibt in diesem Bereich international arbeitender Wertagenturen noch fundamentalistische Organisationen mit vergleichbaren Strukturen und einem radikal geschlossenen Weltbild, z.B. Opus Dei. S. hierzu: Gollnick: Das Wege-Scenario, S.123 ff.
Auf konkrete Aktivitäten von Scientology im Rahmen der Organisation ZIEL (Zentrum für individuelles und effektives Lernen) und Scientologen im Schuldienst kann hier nicht eingegangen werden.
52 Die Taxierung von Scientology als Sekte oder als Psychogruppe erscheint mehr als fragwürdig, weil solche Denominationen über typisch theologische bzw. psychologische Taxierungsraster entstehen, die den international tätigen Wertagenturen mit ihren komplexen Organisationsstrukturen und Intentionen nicht gerecht werden.

Literatur:

Hubbard, L.R.: Einführung in die Ethik der Scientology, Kopenhagen (o.J. - 1989 ?)
Kinder-Dianetik. Dianetik-Prozessing für Kinder. Mit einer Einführung von L.R. Hubbard, Kopenhagen (o.J. - 1983 ?)
Kinder - Aus dem Scientology-Handbuch (Separatdruck), Kopenhagen (o.J. - 1994 ?)
Religion - Eine Beschreibung der Scientology-Religion - Aus dem Scientology-Handbuch (Separatdruck), Kopenhagen (o.J. - 1994 ?)
Was ist Scientology? hrsg. v. der Scientology Kirche Hamburg e.V., Hamburg (o.J. - 1990 ?)
Kinderrechtskonvention - UNICEF-Dokumentation Nr. 6. Konvention über die Rechte des Kindes. Ein weltweiter Maßstab. Hrsg. v. Deutschen Komitee für UNICEF, Köln (o.J.)
Gollnick, R.: Das Wege-Scenario in seiner pädagogischen Konzeption als »Lebensweg« - aufgezeigt an Escrivás »Der Weg« - Hubbards »Ethik«. In: Gollnick, R. (Hrsg.): Pädagogische Weg-Markierungen. Festschrift für Dieter-Jürgen Löwisch. St. Augustin 1996, S. 123-170
Jaschke, H.G.: Auswirkungengen der Anwendung scientologischen Gedankenguts auf eine pluralistische Gesellschaft oder Teile von ihr in einem freiheitlich demokratisch verfaßten Rechtsstaat, in: Scientology - eine Gefahr für die Demokratie. Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz? Hrsg. v. Innenministerium NRW, Köln 1996, S. 5-66
Voßmerbäumer, P.: Inside Scientology. Meine Erfahrungen im Machtapparat der "Church". München 1996

Erschienen in:
Pädagogik Unterricht 2/3 1997. S. 15-44



Copyright© des Textes bei Dr. Rüdiger Gollnick; HTML durch Ilse Hruby



Siehe auch:

Dr. Rüdiger Gollnick: Zwischen Fesselung und Befreiung: Scientology
Erschienen in: Pädagogik UNTERRICHT 1/1998. S. 40-52

Buchtipp:

Studien zur Ethik und Pädagogik der Scientology
von Dr. Rüdiger Gollnick

zum Weiterlesen:




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