Die scientologische Sicht des Kindes vor dem Hintergrund der UNO-KinderrechtskonventionMit freundlicher Genehmigung vonDr. Rüdiger Gollnick Dr. Rüdiger Gollnick ist Wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Dr. Löwisch im Fachbereich 2 (Erziehungswissenschaft) an der Gerhard-Mercator-Universität Duisburg und habilitiert sich im Forschungsbereich "Internationale Wertagenturen". Veröffentlichungen zur Historischen und Systematischen Pädagogik, zur Werte-Erziehung; Seminare in der Lehrerfortbildung. 1.0 Inhaltliche SkizzierungInnerhalb dieses Beitrages sollen zunächst Grundanschauungen der Scientology hinsichtlich des Kindes und der Erziehung dargelegt werden. Dabei wird es unumgänglich sein, bestimmte Aspekte der scientologischen Doktrin - kurz - darzustellen, damit die Vernetzung von scientologischer Pädagogik mit jener Doktrin deutlich und bestimmte Setzungen dieser Pädagogik verständlich und nachvollziehbar werden. In einem weiteren Schritt wird - exemplarisch - ein grundlegender Werte-Konfliktbereich zwischen den Wertvorstellungen dieser Erziehungslehre und der UNO-Kinderrechtskonvention aufgewiesen. Im letzten Teil werden mögliche Anknüpfungspunkte im schulischem Unterricht, im Pädagogik-Unterricht überlegt.2.0 Die LeerstelleIn den bisherigen deutschsprachigen Auseinandersetzungen um die Scientology Church Hubbards (1911 - ca. 1986) und seiner Nachfolger ist der pädagogische Bereich weitgehend ausgeblendet gewesen. (1) Diese sind vor allem im religiös-theologischen und ökonomischen sowie autobiographischen Bereich geführt worden, was zunächst naheliegend erscheint, da Scientology sich selbst als Religion, als praktische Philosophie und gegenwärtig vor allem als "angewandte religiöse Philosophie" vorstellt. (2) Allgemein kann man feststellen, daß die Pädagogik und gerade auch die Hochschul-Pädagogik die großen international tätigen Organisationen, die mit einer bestimmten Weltanschauung und mit einem entsprechenden Wertesystem über ein effektives Management wirkmächtig in den gesellschaftlichen Raum - auch in den erziehlichen und schulischen - einstrahlen bzw. einstrahlen wollen (sog. "internationale Wertagenturen") (3), weitgehend vernachlässigt haben.Eine öffentliche, schnell-schüssige
Negativ-Plakatierung
oder
manchmal auch Diffamierung und Tabuisierung sowie Ignorierung der
Scientology
werden nicht weiterhelfen, da von ihren Elite-, Management- und
Leistungsvorstellungen
her Scientology gewisse Grundströmungen unserer Zeit aufnimmt und
innerhalb ihrer Doktrin einfach, technisch-handhabbar,
suggestiv-optimistisch
verarbeitet und marketinggerecht einem Publikum anbietet. 3.0 Notwendige Skizzierung des Doktrin-AnsatzesEs hat den Anschein, als ob das Individuum und seine Befreiung im ausschließlichen Interesse dieser Doktrin liegen, obwohl implizit und explizit gesellschaftliche und globale Zielsetzungen und Strategien im programmatischen Schrifttum gegeben sind. So heißt es zunächst im Scientology-Handbuch-Kinder: "Scientology [...] ist eine angewandte religiöse Philosophie, die eine exakte Route anbietet, mit der jedermann die Wahrheit und Einfachheit seines geistigen Selbst wiedererlangen kann." (4) Diese programmatische Äußerung impliziert eine existentielle Verlustsituation (von "Wahrheit und Einfachheit seines geistigen Selbst"), die jeder Mensch erleidet, die er aber mit Hilfe der Scientology positiv ausgleichen kann. Er vermag langfristig den Ursprungszustand - als "geistiges Wesen" - wiederherzustellen, indem er Scientology praktiziert und durch sie über graduell abgestufte Kurse, Auditing etc. eine Befreiung des Selbst, des Ich (scientologisch: "Thetan"), eine Befreiung von allen negativen Erfahrungen, Verletzungen, Traumata (sog. "Engramme" - negative geistige Eindrucksbilder) erreichen kann. So entwickelt sich das Individuum von einem Preclear (Unreinen, Unbefreiten) zu einem Clear (Reinen, Befreiten) unterschiedlicher Rangstufe und schließlich zum sog. Operierenden Thetan (OT). Der Operierende Thetan höchster Stufe unterliegt nicht mehr zwanghaft (objekthaft) den Gesetzen der Materie, der Zeit, des Raumes, der Energie, des Denkens und des Lebens; der Operierende Thetan ist vielmehr Ursache für diese: es ist der schlechthin befreite Geist, der in Übereinstimmung mit sich selbst als Geistwesen, mit den Universen und anderem Leben lebt. (5)Scientology in ihrem Selbstverständnis ist in dreifacher Hinsicht zu fassen:
Anthropologisches Modell der ScientologySeinsstruktur des Menschen:
Im Lebensvollzug:
Der einzelne Mensch lebt nicht für sich allein, sondern in Beziehung zu anderen, in und mit Gruppen. Menschen wollen von ihrer Grundstrebung her leben und überleben, wie andere Lebewesen schlechthin. In einer traditionellen philosophischen Transkription könnte man dies folgendermaßen umschreiben: Seiendes partizipiert - substantiell - am Sein und nicht am Nicht-Sein, wobei die scientologische Doktrin verschiedene Seinsdimensionen - weltimmanent und -transzendent - unterscheidet, die aber alle ihre Seinsmöglichkeiten verwirklichen wollen (Dynamik: Kraft, Strebung - dunamis). Die Pflanze strebt zu ihrer Seinsverwirklichung wie der Mensch oder der Kosmos. Der Mensch soll nun in "guter Kommunikation" mit allen Dynamiken leben, wenn er harmonisch leben will. Während in Hubbards "Dianetik" nur vier Dynamiken vorhanden sind, was einsichtig ist vor dem Hintergrund des menschlichen Lebens und Zusammenlebens und der Technologie für dieses Leben und Zusammenleben (Anliegen der Dianetik), erfährt dieser Ansatz mit der stärker einsetzenden Entwicklung zur fiktional-kosmischen Weltanschauung - Scientology in Selbstinterpretation als eine "Religion - religiöse Philosophie" - eine Welttranszendenz (mit Ausnahme der 5. Dynamik) Kosmologie der ScientologyFundamental-dynamische Strebung des Menschen: Überleben!Überlebensdimensionen als dynamische
Existenzdimensionen:
4.0 Der Mensch: KindVon diesem hier nur kurz skizzierten Fundament aus wird ein Bild des Kindes entworfen, das markante Strukturen und Prinzipien aufweist Dabei geht Scientology von folgenden anthropologischen Gegebenheiten (ontologischen Prinzipien) aus:1. Prinzip: "Überlebe!" - Dieses Überleben ist eine fundamentale, vitale, ego-zentrierte Dynamik. Wenn sie von anderen Menschen gefährdet wird, erfolgt der berechtigte Kampf ums Überleben. Die Durchsetzung des Überlebensprinzips ist zunächst individualgebunden, erstreckt sich dann aber weiter in die verschiedenen Gruppen hinein (Überlebensinteressen der Gruppen), in denen das Individuum lebt (Partnerschaft, Familie). Wenn auch die Überlebensdynamik ego-zentriert ist, so müssen zumindest basale Existenzbedingungen auch für andere Individuen - weitergehend Gruppen und Gesellschaft - bestehen, da der Mensch nicht für sich alleine, sondern in Beziehungen lebt (Gesellschaft, Nation, dann generalisierend: Menschheit). 2. Prinzip: Gutsein des Menschen. - Der Mensch - sowohl der Erwachsene als auch das Kind - ist von Natur aus gut. Er will mit sich und der Umwelt und mit dem Universum in Frieden und Harmonie leben. Dies gelingt nur, wenn der Mensch "eine gute Kommunikation" zwischen allen Dynamiken hat, d.h. die Existenzbedingungen anderer (Mensch, Tier, Pflanze etc.) mitberücksichtigt. Wie dies nun aber weitergeführt werden soll in transzendente Dynamiken hinein, bleibt ungeklärt. Mit der 6. Dynamik geht die Doktrin Scientology in eine Welttranszendenz und in eine Metaphysik hinein, die im Gegensatz zu den ersten vier Dynamiken letztlich diffus bleibt. Erwähnenswert ist hierbei, daß Hubbard in seinem Bestseller "Dianetik" (1950) nur vier Dynamiken angesetzt hatte, was auch vom Ansatz her evident ist: Der sich über die Technik des Auditing befreiende Mensch im Verhältnis zu sich und den anderen Menschen. 3. Prinzip: Schlechtwerden durch Aberrationen. - Jeder Mensch wird durch seine verschiedenen Leben hindurch verwirrt durch Engramme, die Aberrationen (Fehlverhaltensweisen, Disharmonie, Orientierungslosigkeit, Zweifel etc.) hervorrufen. Das Schlechtwerden manifestiert sich
4. Prinzip: Allgemeine Gültigkeit. - "Jedes
Gesetz, das
auf das Verhalten von Männern und Frauen zutrifft, gilt für
Kinder."
Die Begründung: "Ein Kind ist ein Mann oder eine Frau, der bzw.
die
nicht voll ausgewachsen ist." (11) 5.0 ErziehungskonzeptionDeshalb muß auch das Kind sorgfältig und im Hinblick auf Traumata in seinen früheren Leben aufmerksam beobachtet und behandelt werden, damit nicht frühere Engramme "restimuliert" (aktiviert) werden, d.h. Störverhalten und Fehlverhalten auftreten. Das bedeutet ferner, daß das Kind, um als freier Mensch leben zu können, in der Scientology als Doktrin und Technik unterwiesen und trainiert werden muß. Dabei kommt den Eltern eine herausragende Funktion zu, da sie für das Kind die Garanten des Überlebens sind.5.1 ErziehungsgrundsätzeDa das Überleben mehrdimensional zu fassen ist, ergeben sich für die Erziehung folgende Grundsätze:1. Grundsatz: Bedeutung der Eltern als ÜberlebensgarantenDie Eltern sichern zunächst die psychophysische Existenz des Kindes (v.a. auf der 1. Dynamik).2. Grundsatz: Erziehung des Kindes ohne Brechung seines WillensDarüber hinaus achten die Eltern das Kind in seiner Individualität mit der entsprechenden Überlebensdynamik. Wird der Wille als Konkretisierung dieser Dynamik gebrochen (psychomentale Traumata - Engramme etc.), wird das Kind letztlich zum Dressurobjekt.3. Grundsatz: Wachsende Selbstbestimmung des KindesWenn der Wille nicht gebrochen wird, wird der Eigenwille des Kindes stärker berücksichtigt; und so kann das Kind produktiv in die Lebenssituationen der Familie eingebunden werden (s.u.). Dann gewinnt das Kind - wachsend - mehr Selbstvertrauen und Selbstbestimmung. Selbstbestimmung bedeutet aber im scientologischen Sinne, daß das Individuum die Macht besitzt, über andere Menschen zu bestimmen und Situationen zu beherrschen (s.u. 5.3: Anpassung der Umwelt an sich!) und darüber hinaus Kontrolle des materiellen Universums (Macht über die Natur und den materiellen Kosmos) auszuüben. (12) Ein hohes Machtpotential kann das Kind, kann der Jugendliche in den verschiedenen Lebenssituationen erwerben, indem es bzw. er lernt, Menschen und Situationen zu "handhaben".4. Grundsatz: Selbstbestimmung als Besitz-, Kontroll- und LeistungspotentialDie Kindheit wird von Scientology tendenziell nicht als eigenwertige Entwicklungsphase gesehen, sondern als Durchgangsstadium zum Erwachsensein. Deshalb gelten auch die gleichen Gesetze für Erwachsene und Kinder (s.o.). Sie sind in einem "Noch-nicht-Zustand" und müssen nach dem Prinzip des Überlebens auf den Endzustand vorbereitet werden.Selbstbestimmung des Kindes bedeutet dann für die Erziehungspersonen:
5.2 Erziehung und ÖkonomieUnd hier schlägt die scientologische Doktrin voll durch. Selbstbestimmung bedeutet - wie o.a. - Gestaltungsmacht. Gestaltungsmacht wird vornehmlich ökonomisch fundiert gesehen, was - von den Dynamiken her betrachtet - einsichtig ist. Um aber "gute Statistiken", also ökonomischen Erfolg, zu erzielen, muß die Bereitschaft zur Leistungserbringung, zur Leistung und zur Arbeit stimuliert werden. Dabei geht Hubbard davon aus, daß das Kind seinen Beitrag zum Überleben der familialen Gruppe erbringen möchte, aber oftmals von den Eltern oder auch anderen Familienmitgliedern oder Erziehern zurückgewiesen wird. Es entsteht das Gefühl des Nicht-gebraucht-Werdens, der Nutzlosigkeit. Beruhend auf solchen traumatischen Erfahrungen, sieht Hubbard die späteren Probleme eines negativen Arbeitsethos. Die jeweiligen Möglichkeiten des Kindes von seinem Anlagepotential her müssen in Erfahrung gebracht und in familialen Lebenssituationen umgesetzt, also genutzt werden. Angefangen bei kindlichen banalen Zubringerhandlungen (Haushalt etc.) bis hin zu eigenständigen, eigenverantworteten Arbeitsleistungen, um das Überleben der familialen Gruppe zu sichern, damit sie "vorwärtskommt". Hubbard geht davon aus, daß das Kind letztlich genausoviel oder mehr erbringen will, als es empfängt. Will sich das Kind aber diesen Überlebensverpflichtungen entziehen, muß es - nach dem ARC-Dreieck (Atmosphäre, Realität, Kommunikation; s.weiter unten) - "gehandhabt" werden.Dies bedeutet:
5.3 Avisierte ZieleVor den aufgezeigten Hintergründen verfolgt Scientology nach ihrem Selbstverständnis als Ziele -die Befreiung des Kindes, des Jugendlichen von traumatischen Erlebnissen, von Furcht und Unterdrückung, - die freie, sich weiterentwickelnde Person:
6.0 Aspekte der ErziehungspraxisDa Scientology immer auch als Handlungstechnologie nach scientologischem Selbstverständnis gefaßt wird, so ergibt sich eine enge Vernetzung von Doktrin - erzieherischem Handeln - kindlichem Verhalten.Beispiel: Wenn kleine Kinder (hier: jünger als fünf Jahre) Verletzungen erleiden, so entsteht ein gewisser Leidensdruck je nach Schwere des Unfalls (angefangen beim banalen Hinfallen). Die Erziehungsperson soll sich nach scientologischer Auffassung verbal und emotionell äußerst zurückhalten,
Wenn das Kind nicht mehr in einer Schmerzbenommenheit etc. ist, beginnt man mit der Frage nach dem Anlaß für diesen Negativ-Zustand und läßt es 'seine Geschichte' erzählen, wobei der Erzieher sowohl Kommunikations-Stimulator als auch Kommunikations-Explorator ist. Er schaltet dabei den Erzählgang des Kindes über seine Nachfragen, Detailfragen von der Vergangenheit in die Gegenwart, um somit eine gegenwarts- und zukunftsbezogene Dramatisation des Unfallgeschehens zu erreichen. Das Kind - so die scientologische These - legt das Erlittene nicht in der Vergangenheit ab, wo es mit anderem vergleichbar Erlittenem ein Restimulationspotential bilden kann (Datenbanken des reaktiven Verstandes), sondern nivelliert das Erlittene über das Darüber-Sprechen zu einem Ereignis, was morgen z.B. auch mal passieren kann. Falls Restimulierung aufgetreten ist, - und sie tritt mit zunehmendem Alter immer häufiger und vor allem komplexer auf, muß nach der Quelle für diese Restimulierung recherchiert werden. Indem das Kind einem detaillierten Explorationsprozeß (bis hin zum Abfragen von situativen Details) unterworfen wird, wobei man teils spielerisch (Puppenspiel, Rollenspiel, Bilder malen) teils rein verbal-kommunikativ vorgeht, erzählt es gegebenenfalls immer wieder und detaillierter die Unfallgeschichte. Es hat schließlich keine Lust mehr an diesem Negativ-Ereignis, findet es banal und lächerlich. Das Lachen über den Unfall entspannt, befreit vom Druck. Im Scientology-Handbuch-Kinder wird solch ein Gespräch exemplarisch skizziert, worauf hier in aufbereiteter Form kurz eingegangen werden soll. (14) Es ergibt sich folgende Struktur: Stimulationsphase: Eine solche und vergleichbare Kommunikation wird als
therapeutisches
Mittel zur Abwehr von Bedrückungen, zur Austilgung von Engrammen
etc.
benutzt. Und so kann die tägliche Erziehung u.a. auch dadurch
charakterisiert
sein, daß das Kind vom Erzieher verlangt, "darüber
erzählen"
zu wollen, wenn dieses Verfahren über die tägliche Routine
habitualisiert
worden ist, wird es doch ab dem fünften Lebensjahr normativ
vorgegeben.
Was zunächst spielerisch scheint, wirkt psycho-mental
strukturbildend.
Das Kind wird z.B. bei ganz banalen und aktuellen Anlässen (wie
z.B.
das Hinfallen) spielerisch motiviert, sich im geleiteten
Frage-Antwort-Spiel
das negative Erlebnis zu vergegenwärtigen. Beim
"Darüber-Sprechen"
tritt - als allgemein bekanntes Phänomen - häufig eine
allgemeine
Entlastung beim Kind ein, wobei aber je nach Komplexitätsgrad des
Geschehens immer weiter auf der Zeitspur des Lebens retrospektiv
recherchiert
werden kann ("Time-Track"). Nimmt man nun noch das E-Meter hinzu, so
ist
die Grundsituation eines Auditing gegeben. (15)
Geht man vom Beispiel banaler Kinderunfälle weg und und sieht
solche
Verfahren bei Pubertierenden oder Adoleszenten, bei jungen Erwachsenen
in Anwendung, dann wird der Grad von Einblick und Kontrolle in das
psychophysische
und mentale Leben von Menschen überdeutlich. Wenn Hubbard im
Scientology-Handbuch-Kinder
und in der "Kinder-Dianetik" immer wieder betont, daß Kinder
keiner
erdrückenden und beengenden elterlichen Kontrolle vor dem
Hintergrund
der Selbstbestimmung unterworfen sein sollen, so wird über die
Praxis
eines verdeckten oder offenen Auditing-Verfahrens, das im Laufe der
Kindheit
habitualisiert worden ist, eine sehr ausgeprägte Kontrolle -
gerade
auch bei Jugendlichen und Heranwachsenden - ermöglicht. Über
das Auditing-Verfahren haben die Eltern und die Organisation die
Möglichkeit
eines Zugriffs auf Psyche und Geist des Menschen. Das Phänomen und
gleichzeitig Problem von elterlicher Kontrolle im Sinne von Dominanz
und
Gewalt wird über eine bestimmte Verfahrenstechnik - doktrinär
- institutionalisiert: Scientology als Verhaltenstechnologie nach
eigener
Selbstinterpretation! 7.0 Pädagogische BedenkenHier steht sowohl das älter werdende Kind als auch der Erwachsene, an solche Prozesse fortwährend gewöhnt, unter dem doktrinären Druck der anthropologischen und weitergehend der gesellschaftlichen Modellvorstellungen von Scientology. Das heißt: Komplexe individuelle und gesellschaftliche Realität wird fortwährend mit enggefaßten Parametern selektiv wahrgenommen und wert- und handlungsorientiert interpretiert:
8.0 Einige Wertpositionen der UNO-Kinderrechtskonvention und der Scientology8.1 Die Präambel1989 wurde die "Konvention über die Rechte des Kindes" von der UNO verkündet. In der Präambel wurden sehr deutlich die "pädagogischen" Intentionen dieser Konvention herausgestellt: "Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens [...] in der Erkenntnis, daß das Kind zur vollen und harmonischen Entfaltung seiner Persönlichkeit in einer Familie und umgeben von Glück, Liebe und Verständnis aufwachsen sollte,in der Erwägung, daß das Kind umfassend auf ein individuelles Leben in der Gesellschaft vorbereitet und im Geist der in der Charta der Vereinten Nationen verkündeten Ideale und insbesondere im Geist des Friedens, der Würde, der Toleranz, der Freiheit, der Gleichheit und der Solidarität erzogen werden sollte [...] unter gebührender Beachtung der Bedeutung der Traditionen und kulturellen Werte jedes Volkes für den Schutz und die harmonische Entwicklung des Kindes [...] haben folgendes vereinbart: [...]" (18) 8.1.1 Pädagogische Intentionen und WertpositionenIn diesem juristischen Text werden folgende Wertvorstellungen vermittelt und in den Artikeln normativ umgesetzt:Individualwerte: Persönlichkeit - Würde Sozialwerte: Frieden, Toleranz, Freiheit, Gleichheit,
Solidarität Sozialwert der Institution: Familie Die hier avisierten "Ideale" stellen lebensorientierende Vorstellungen dar, die als wertvoll für ein globales Zusammenleben der Menschen gesehen werden. Das Spannungspotential innerhalb einer solchen Grundwerte-Orientierung wird bereits deutlich, wenn man die Wertvorstellungen Freiheit und Toleranz in die Werte-Realisierung des alltäglichen Lebens hineinstellt und reflektiert. Wertvorstellungen ohne die Verkontextung in Lebenssituationen darstellen und reflektieren, nur abstrakt und "rein rational" fassen zu wollen, vernachlässigt die komplexe Vernetzung der Dimensionen von Werten und Leben und der Bedeutung des Wertesubjekts, des konkreten Menschen als eines wertsichtigen, wertentscheidenden und werthandelnden Wesens, und der Wertegemeinschaft, worauf die Kinderrechtskonvention ausdrücklich Bezug nimmt, indem sie die Kulturtraditionen eines Volkes besonders herausstellt und gewichtet. Auch hier in den lebendigen Kulturtraditionen sind Wertkonflikte gegeben. Die Wertvorstellungen, wie sie in der Präambel der UNO-Kinderrechtskonvention gefaßt sind, gehen von einer offenen Geisteshaltung und einer offenen Gesellschaft aus, wobei die eigenständige, persönliche Auseinandersetzung mit anderen Ideen, Positionen, Wertvorstellungen, Lebensgestaltungen als für die Entwicklung der Person grundlegend und wichtig angesehen wird. Damit werden hier Wertpositionen vertreten, die dem tradierten Wertefundament westlicher Demokratien und damit der jüdisch-christlich-aufklärerisch-gesellschaftskritischen Tradition entstammen und von daher sehr stark kulturspezifisch sind. Wie ist aber die gesellschaftliche Situation zu bewerten, wenn eine Organisation bzw. eine Wertagentur "geschlossene Lebensentwürfe" mit radikaler Polarisierung im Werturteil und im gesellschaftlichen Zusammenleben propagiert und gegebenenfalls praktisch durchführt (Ausgrenzung und Ausmerzung von Gegnern, von taxierten menschlichen "Störquellen")? Wie ist ferner die gesellschaftliche Situation zu bewerten, wenn solche Organisationen in ihrem programmatischen Schriftgut sich widersprechende, diffuse oder tagesaktualisierte oder strategisch-variierende Wertpositionen, die für den Erziehungsbereich wesentlich sind, vertreten (Chamäleon-Phänomen)? Die in der Kinderrechtskonvention formulierten Wertpositionen
sind
vor
allem für ältere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene
relevant,
obwohl die Erziehung in einer offenen Atmosphäre in der
frühen
Kindheit konstitutiv für die Wahrnehmung von und
Auseinandersetzung
mit anderen Vorstellungen und komplexer Realität ist.
Im Hinblick auf die o.a. programmatischen Wertvorstellungen der Präambel - Persönlichkeit, Würde, Frieden, Toleranz, Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Familie - bestehen wesentliche Grundschwierigkeiten darin, daß die Begriffsinhalte der Kinderrechtskonvention in der Scientology systemimmanent umstrukturiert werden (partielle oder totale Umwertung der Werte), so daß es zur gleichen Denomination von Phänomen etc. mit z.T. gravierenden semantischen Differenzen kommt. Dies kann gerade auch dadurch deutlich gemacht werden, daß semantische Vernetzungskomplexe aufgezeigt werden. (23) 8.1.2 Konfligierende scientologische Wertvorstellungen bei gleicher Denomination:Persönlichkeit - Würde: Geistigkeit manifestiert sich in Vernünftigkeit (s.o. Verstandespotentiale); Vernünftigkeit zeigt sich im erfolgreichen Handling von Situationen und Personen; Selbstbestimmung bedeutet Macht über Personen und Situationen in der Regel aufgrund des ökonomischen Status, der sich in erfolgreicher Statistik dokumentiert (ökonomischer, gesellschaftlicher, politischer Machtstand);Ausgrenzung und Ausmerzung von Nicht-Leistungsfähigen, Leistungsunwilligen (Deklassierung als Würdelose bzw. geistig Erkrankte) etc.; Frieden: Zusammenleben rein funktional nach staatlichen
Gesetzen,
Vorschriften, solange sie nicht das scientologische System stören
(Hubbards merkwürdige Differenzierung von Ethik - Recht -
Legitimation
von Widerstand); Toleranz: Scientology mit "wissenschaftlichem"
Heilswegversprechen
ohne Gewährleistungsverpflichtung; (25) Freiheit: bürgerliche Freiheit, solange sie
für
Scientology
unter dem Aspekt der Expansion funktional wichtig ist; essentielle
Freiheit
nur systemimmanent legitimiert (doktrinär geführte Befreiung
des einzelnen zur Freiheit des Thetan; in Qualifikationskursen); Gleichheit: Gleichheit der Leistungsträger; Ausgrenzung von Leistungsunfähigen, -unwilligen mit der Perspektive: Kasernierung von Lebensuntüchtigen; Solidarität: technisch-scientologische Handhabung von Personen bei Schwierigkeiten (z.B. mit der sozialen Umgebung, in ökonomischen Verhältnissen); kein essentielles Mitleidsethos (26); vor dem Hintergrund eines us-amerikanischen Pragmatismus und Präferenzutilitarismus: ethische Prinzipien von Nutzen und Glück zunächst für das Individuum, in Perspektive für die Gesellschaft; Familie: primär als Überlebensgruppe im
beständigen
Überlebenskampf. (27)
"Eine Familie ist eine Gruppe, die als gemeinsames Ziel das Überleben und Vorankommen dieser Gruppe hat. Ein Kind, dem nicht erlaubt wird, beizutragen oder das die Ziele und Arbeitsprinzipien des Familienlebens nicht versteht, isoliert sich von der Familie und geht seine eigenen Wege. Ihm wird gezeigt, daß es nicht Teil der Familie ist, weil es nicht beitragen kann. So wird das Kind gegen die Familie eingestellt - der erste Schritt auf dem Weg zum antisozialen Verhalten. Es verschüttet Milch, verärgert Ihre Gäste und schreit draußen beim "Spielen" vor Ihrem Fenster. Ihr Kind wird sogar krank, nur um Ihnen Arbeit zu machen. Ihm wird gezeigt, daß es ein Nichts ist, indem ihm gezeigt wird, daß es nicht fähig genug ist, etwas beizutragen. Sie können nicht mehr tun, als das Lächeln, die Tänze und die Zweige des sehr kleinen Kindes anzunehmen. Aber sobald das Kind es verstehen kann, sollte man ihm ausführlich erzählen, wie die Familie funktioniert." (28)Nicht nur hier, sondern auch in anderen, später erschienenen scientologischen Publikationen (29) wird diese starke, tendenziell ökonomisch wertorientierte Interpretation von Familie vorgetragen, so daß der Zusammenhang von "Familie - Überleben - ökonomischem Status - Macht - Selbstverwirklichung - Freiheit" deutlich wird. Das Kind, das nicht bereit und nicht willig ist, zum Unterhalt der Familie beizutragen, wird allmählich ausgegrenzt. In der radikalen Konsequenz bedeutet dies: "Ihm wird gezeigt daß es ein Nichts ist ..." Das ist eine deutliche Sprache jenseits aller hehren Wertangaben etwa im Scientology-Handbuch-Kinder. Das ist die Ausgrenzungstendenz, wie sie bei internen Abständigen (sog. Verbrechern, Schwerverbrechern etc. nach scientologischem Ethik-Kodex) und externen anti-sozialen und anti-scientologischen Personen radikal erfolgt (30), - also auch bei Kindern, da Kinder anthropologisch-strukturell wie Erwachsene zu behandeln sind (s.o. Grundsätze). Die Un-Wertigkeit beruht hier auf einer Leistungsunfähigkeit bzw. -unwilligkeit, sie hat letztlich ein ökonomisches Fundament. Dies ist in Beziehung zu sehen mit dem Ethik-Ansatz Hubbards bzw. der Scientology. (31) Von daher wird auch einsichtig, wie das Problem zu handhaben ist: Das Kind muß "gehandhabt" werden i.b.a. Funktionieren der Familie (d.i. wesentlich: optimales ökonomisches Funktionieren der Familie). Hierbei wird der stark funktionalistische Interpretationsansatz von Familie deutlich. Sollten die elterlichen "Handhabungsversuche" nicht den
gewünschten
Erfolg bringen, wird in der Kinder-Dianetik der Rat gegeben:
8.2 Andere konfligierende WertvorstellungenIm folgenden sollen weitere, wichtige, konfligierende Wertvorstellungen zwischen der UNO-Kinderrechtskonvention und der Scientology aufgezeigt werden. Dabei kann nur exemplarisch vorgegangen werden, was die Zitation der Scientology-Quellen betrifft. Es wird hierbei vor allem auf Hubbards "Ethik der Scientology" eingegangen, weil darin ein explizites Normensystem mit seinen intendierten Wertvorstellungen aufzufinden ist.8.2.1 Konfliktbereich: Meinungsfreiheit - Gewissensfreiheit - GlaubensfreiheitKinderrechtskonventionArtikel 12 (1) - Die Vertragsstaaten sichern dem Kind, das fähig ist, sich seine eigene Meinung zu bilden, das Recht zu, diese Meinung in allen das Kind berührenden Angelegenheiten frei zu äußern, und berücksichtigen die Meinung des Kindes angemessen und entsprechend seinem Alter und seiner Reife."Artikel 13 (1) - "Das Kind hat das Recht auf freie Meinungsäußerung: dieses Recht schließt die Freiheit ein, ungeachtet der Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort und Schrift oder Druck, [...] zu empfangen und weiterzugeben." - Einschränkungen werden aufgeführt. in Art. 13 (2). Artikel 14 (1) - "Die Vertragsstaaten achten das Recht des Kindes auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit." - Einschränkungen werden aufgeführt. in Art. 14 (3). (34) Scientologische Ethik"Leute haben die Handlung, 'dem Weg zu folgen', mit 'dem Recht auf eigene Ideen' durcheinandergebracht. Natürlich hat jeder das Recht, Meinungen, Ideen, Cognition zu haben - solange diese den Weg hinaus für einen selbst und für andere nicht versperren." (35)"Die Scientology ist etwas Neues - sie ist der Weg hinaus. Es hat vorher keinen gegeben. Alle Verkaufskunst der Welt kann einen schlechten Weg nicht zu einem richtigen machen. Und es werden eine schreckliche Anzahl schlechter Wege verkauft. Ihr Endprodukt ist weitere Sklaverei, mehr Dunkelheit, mehr Elend. Die Scientology ist das einzige funktionsfähige System, das der Mensch hat. Sie hat bereits Menschen zu einem höheren IQ, einem besseren Leben usw. geführt. Kein anderes System hat das getan. Erkennen Sie daher, daß sie keinen Konkurrenten hat." (36) An diesen zwei Zitaten wird bereits der markante doktrinäre Anspruch von Scientology deutlich, allein den richtigen Weg zur Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung, zur Selbstbefreiung schlechthin zu besitzen. (37) Das bedeutet in der Konsequenz:
8.2.2 Konfliktbereich Eltern - Erziehung - GesellschaftKinderrechtskonventionArtikel 18 (1): " Die Vertragsstaaten bemühen sich nach besten Kräften, die Anerkennung des Grundsatzes sicherzustellen, daß beide Elternteile gemeinsam für die Erziehung und Entwicklung des Kindes verantwortlich sind." (41) Scientologische Ethik Die Handhabung einer solchen Situation besteht darin, die PTS-Person in der Technologie hinsichtlich PTS-Sein und Unterdrückung zu unterweisen und sie dann geschickt und entschlossen durch die Schritte zu führen, die nötig sind, um die gute Kommunikation mit der Quelle des Antagonismus wiederherzustellen. Dies löst schließlich die Situation, indem ein Verstehen auf seiten der antagonistischen Person zustande gebracht wird, was Scientology ist und warum die PTS-Person daran interessiert ist und sich damit befaßt. Ist dies erreicht, dann haben Sie natürlich überhaupt keine PTS-Person mehr - und Sie könnten sehr wohl einen neuen Scientologen vor sich haben!" (42) Eine PTS (potential trouble source) ist eine potentielle Störquelle, also eine Person, die auf Mitglieder von Scientology oder die Organisation negativ wirkt. Diese PTS (Typ A - Person, die verwandtschaftliche Kontakte zu einer SP hat) kann z.B. durch eine SP (suppressive person - unterdrückerische Person) in ihrer Einstellung und Haltung Scientology gegenüber negativ beeinflußt werden (SP in Distanz, Kritik, Ablehnung, Bekämpfung etc. zu Scientology), was sich konsequentermaßen auf die Scientology auswirken muß. Diese Problematik, die z.B. im Auditing oder bei ökonomischem Mißerfolg (ökonomische Statistik) recherchiert werden kann, kumuliert bei familialen und starken emotionalen Bezugspersonen. Damit die PTS nicht system-destabilisierend wirken kann, muß sie die Situation oder die scientologisch-gefährliche (= antagonistische) Person "handhaben". Wie im o.a. Zitat die Verbalisierung der Strategie eindeutig belegt, ist es ein zielgerichteter, gelenkter doktrinärer Beeinflussungsprozeß i.b.a. die ausgemachte antagonistische Person mit dem Ziel, eine Akzeptanz der Scientology zu erreichen bzw. die SP "umzudrehen", sie manipulativ-prozeßhaft zu einem Scientologen zu machen. Jede kritisch-distanzierte Auseinandersetzung mit Scientology führt zu einem Feind-Verhältnis, was vor dem Hintergrund einer unterstellten Einengung der Expansionsdynamik von Scientology zu sehen ist ("Unterdrückung"). Das bedeutet in der Konsequenz, daß soziale und emotionale Beziehungen von Scientologen/innen zu ihren Familienmitgliedern, Partnern etc. abgebrochen werden müssen, falls die antagonistische Person nicht erfolgreich einstellungsmäßig umstrukturiert werden kann. Legitimiert wird diese Handlungsnorm und -praxis durch ein anscheinend jahrtausendealtes Ethos: "Mit unserer Technologie von "Handhaben oder die Verbindung abbrechen" tun wir tatsächlich nichts anderes als das, was jede Gesellschaft, Gruppe oder Ehegemeinschaft in Tausenden von Jahren getan hat. Wir können es uns nicht leisten, diese grundlegende Freiheit zu leugnen, die ansonsten jedermann gewährt wird: das Recht zu wählen, mit wem man kommunizieren möchte und mit wem nicht." (43) Eine individuelle Entscheidung der Aufrechterhaltung von Kommunikation wird hier grundlegend doktrinär gehandhabt mit der gesellschaftlichen Konsequenz von intendierten Ausgrenzungen von Individuen und Gruppen (auch Staaten). (44) Vor dem aufgezeigten Hintergrund der doktrinären Strategien von Scientology stellen sich radikale Fragen bez. der Beziehungen und Probleme, wenn ein Elternteil, wenn das ältere Kind, wenn andere Familienangehörige als antagonistische Person bzw. Personen z.B. vom Auditor oder Ethik-Officer identifiziert werden (Identifizierungs- und Fahndungverpflichtung):
a) die Persönlichkeit, die Begabung und die geistigen und körperlichen Fähigkeiten des Kindes voll zur Entfaltung zu bringen; b) dem Kind Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten und den in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsätzen zu vermitteln; c) dem Kind Achtung vor seinen Eltern, seiner kulturellen Identität, seiner Sprache und seinen kulturellen Werten, den nationalen Werten des Landes, in dem es lebt, und gegebenenfalls des Landes, aus dem es stammt, sowie vor anderen Kulturen als der eigenen zu vermitteln; d) das Kind auf verantwortungsbewußtes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten; e) dem Kind Achtung vor der natürlichen Umwelt zu vermitteln." (45) Und weitergehend ergibt sich die radikale Frage: Verstößt ein ethischen System (Hubbards "Ethik der Scientology"),
Artikel 23 (1): "Die Vertragsstaaten erkennen an,
daß
ein
geistig oder körperlich behindertes Kind ein erfülltes und
menschenwürdiges
Leben unter Bedingungen führen soll, welche die Würde des
Kindes
wahren, seine Selbständigkeit fördern und seine aktive
Teilnahme
am Leben der Gemeinschaft erleichtern. Gerade auch mit diesem letzten Artikel eröffnet sich eine
aktuelle
gesamtgesellschaftliche Kontroverse:
Vernetzt mit diesen Grundsatzfragen ist die Auseinandersetzung
mit
und
um Scientology als Doktrin (Weltanschauung), als Verhaltenstechnik
(Technologie)
und als Organisation (Wertagentur) zu sehen, denn Scientology will von
ihrem Selbstverständnis her zunächst den Menschen, dann die
Gesellschaft
und die Weltgesellschaft grundsätzlich - d.h. nach
doktrinären
Prinzipien - ändern. (50)
9.0 Unterrichtliche PerspektivenVor dem Hintergrund dieser drängenden Fragen ergibt sich eine Konsequenzlinie in den Unterricht hinein. Wie bereits oben angeführt, hat sich die Pädagogik mit den Phänomenen und Auswirkungen moderner fundamentalistischer Wertagenturen nur unzureichend oder gar nicht beschäftigt, obwohl sie über eine Tagesaktualität hinaus wichtig für den Erziehungsbereich sind. Die jüngsten juristischen Auseinandersetzungen (z.B. bez. Scientology; Universelles Leben u.a.; Kruzifix-Urteil und mögliche hintergründige Aktionsvernetzungen etc.) haben mögliche gefährliche Ausstrahlungspotentiale auf den Erziehungsbereich mehr als deutlich werden lassen. Hinzu kommen Pressekampagnen (z.B. Scientology in USA) und Straßenwerbungen, -verkäufe in den Fußgängerpassagen deutscher Großstädte von diversen Organisationen. (51) Die Aktualität der Auseinandersetzung hat sich auch in der Einrichtung einer Enquetekommission des Deutschen Bundestages "Sog. Sekten und Psychogruppen" niedergeschlagen. (52) Insgesamt legitimiert sich von daher auch eine unterrichtliche Beschäftigung mit dieser Thematik im Pädagogik-Unterricht der Mittel- und Oberstufe (weitergehend im Philosophie- und Ethik-Unterricht; ferner im Deutsch-/Literatur-Unterricht unter dem thematischen Stichwort: science fiction).9.1 Integration in das Curriculum: Wahlpflichtunterricht Jahrgangsstufe 10:
Thema: Begründung und Legitimation von Normen in
einer
wertpluralen,
demokratischen Gesellschaft - Freiheiten - Gefährdungen dieser
Freiheiten • Orientierungsprobleme und -möglichkeiten in moderner Gesellschaft Thema: Lebensfragen - Antworten - Freier Markt von
Wertsystemen
- Weltanschauungssysteme - Individualismus - Privatismus 9.2 Integration in das Curriculum: OberstufeJahrgangsstufe 11• Pädagogische Anthropologie - normative Aspekte - Erziehungsziele Pädagogische Aspekte einer technologischen Anthropologie: Scientology - im Vergleich mit anderen (z.B. philosophischen - theologischen) Anthropologie-Ansätzen Jahrgangssstufe 13 • Erziehungssysteme - Fundamentalismus - Totalitarismus - Extremismus Erziehungskonzeption in Abhängigkeit von Weltanschauung:
Menschen-
und Gesellschaftskonzeption, Ökonomie und Leistung/Arbeit 9.3 Literaturhinweise für den Unterricht:Primärliteratur etc.: s. Literaturverzeichnis des AufsatzesBestellungen Kinderrechtskonvention bei UNICEF-Komitee, Höninger Weg 104, Köln (kleine Schutzgebühr) Bestellungen des Jaschke-Gutachtens bei Innenministerium, Abt. Verfassungsschutz, Postfach 103013, 40021 Düsseldorf (kostenlos in Klassen-/Kursstärke) Literatur für Schüler/innen der Mittelstufe und Oberstufe:P. Köpf: Stichwort Scientology, München 1995 (Tb.)L.v. Billerbeck, F. Nordhausen, Der Sektenkonzern: Scientology auf dem Vormarsch, München (Nov.) 1994 (Tb) Literatur für Schüler/innen der Oberstufe:F. Valentin / H. Knaup: Scientology - der Griff nach Macht und Geld. Freiburg 1992 (Tb.)J. Herrmann (Hg.): Mission mit allen Mitteln. Der Scientology-Konzern auf Seelenfang. Reinbek 1994 (Tb.) N. Potthoff: Was ist Scientology? Krefeld 1992 Vertiefende Literatur:F.-W. Haack, Scientology - Magie des 20. Jahrhunderts, München 3. Aufl. 1995W. Thiede, Scientology - Religion oder Geistesmagie? Konstanz 1992 (Tb.) Literaturservice:Spezielle Literatur (für vernetzte Aspekte/Teilthemen) kann auch beim Autor angefragt werden (Brief mit Rückporto): Gerhard Mercator Universität, Fachbereich 2 (EW) - Dr. Rüdiger Gollnick, Lotharstr. 65, 47048 DuisburgAnmerkungen:1 Pädagogisch orientiert: K.-H. Eimuth: Die Sekten-Kinder. Mißbraucht und betrogen - Erfahrungen und Ratschläge. Freiburg 1996 (Tb.) Scientology - S. 65-1102 Kinder, S. 0 (Innenseite) 3 Zum Begriff "Wertagentur" ausführlich, s. Gollnick, R.: Abwehr religiös-fundamentalistischer Strömungen - Wahrung der Menschenrechte vor dem Hintergrund der Regula Benedicti - als Zukunftsaufgabe benediktinischer Gemeinschaften: am Beispiel OPUS DEI. In: Regulae Benedicti Studia, Annuarium Internationale, Bd. 19, St. Ottilien 1997 (Referat auf dem Internationalen Regula Benedicti Kongreß im Sept. 1996 in Rom; wird im Herbst 1997 erscheinen) 4 Kinder, S. 1 5 Religion (Glossar), S. 85 f. 6 S. hier v.a. die interessanten, unterschiedlichen (!) Darstellungen bez. Hubbards Biographie in den diversen Scientology-Publikationen! 7 Religion, S. 50; im Kontext hier: Angriff auf Materialismus, Psychiatrie und Psychologie des 19./20 Jahrhunderts, s. auch: Religion, S. 8 ff.; s. zum Wege-Topos Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 138 ff. 8 Etwa: biographisch orientierte Explorationssitzungen mit einem Auditor und mit Anwendung eines E(lektropsycho)-Meters (häufig verglichen mit einer Art primitivem Lügendetektor) ohne wissenschaftlich anerkannte Methodik und öffentlich-kritische Ergebnisüberprüfung auf der Basis scientologischer Doktrinüberzeugtheit, Frage- und Interpretationsschemata; s. dazu Ethik (Glossar), S. 295 (E-Meter) 9 E-Meter als "religiöses Gerät" (!) bezeichnet: "Das Hubbard®-Elektrometer ist ein religiöses Gerät, das in der kirchlichen Beichte verwendet wird. Aus sich selbst heraus tut es nichts, und es wird ausschließlich von Geistlichen verwendet, um Gemeindemitgliedern bei der Auffindung von Bereichen seelischer Nöte oder Qualen behilflich zu sein." (Ethik , An den Leser) 10 S. z.B. Religion, S. 34, S. 58 ff.; Materialismus-, Psychiatrie-Aversion, S. 12 ff., 30, 33 11 Kinder, S. 3 12 Kinder, S 3 f. 13 Kinder, S. 16; obwohl diese Umarmung auch ein zeichenhafter, eben nonverbaler Gestus ist, der zur Bildung einer festen Assoziationskette führen kann! 14 Kinder, S. 17; Redepassagen wörtlich übernommen 15 Auf das Auditing in seiner psychologischen und weitergehend pädagogischen Problematik kann hier nicht ausführlicher eingegangen werden. S. dazu ausführlich Voßmerbäumer! 16 Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 145 f. 17 Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards und ihre gesellschaftlichen Konsequenzen im werterziehlichen Bereich. In: Gollnick, R.: Auseinandersetzung mit scientologischer Ethik - Konsequenzen für die Werterziehung, St. Augustin 1997, wird Mitte 1997 erscheinen. 18 Kinderrechtskonvention, S. 3 f. 19 Es soll nur kurz auf die Werte-Problematik und die Werte-Konfliktsituation infolge der Straßburger "Bioethik-Konvention" hingewiesen werden. Hier treten z.T. Wertpositionen auf, die der UNO-Kinderrechtskonvention entgegenstehen (z.B. Schutz des vorgeburtlichen Lebens, Wert des behinderten Lebens etc.); ferner im Gegensatz zur UNO-Konvention stehend Positionen von Kuhse/Singer. 20 Kinderrechtskonvention, S.7 21 S.dazu ausführlich Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 143 ff. 22 Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 138 ff.; Jaschke: Auswirkungen, S. 29 ff. 23 Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 146 ff. 24 Hubbard: Ethik, S. 107 ff.; s. Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17 25 S. dazu: Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17 26 S. dazu: Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards (Kap. Straßenkämpfe, Mitleidsethik) 27 Kinder, S. 8 28 Kinder-Dianetik S. 8 29 S.z.B. Scientology-Handbuch-Kinder 30 S. dazu ausführlich Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17 31 S. Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards (Kap. Ethik-Ökonomie), Anmerkg. 17 32 Kinder-Dianetik, S. 9 33 Kinder, S. 32 34 Kinderrechtskonvention, S. 6 35 Ethik, S. 191 36 Ethik, S. 191 f. 37 S. dazu ausführlich, Gollnick: Das Wege-Scenario, S. 138 ff.. 38 Hinweis: wahr - Erkenntnis / Realität; richtig - Logik / Mittel-Zweck-Rationalität 39 S. Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17 40 S. dazu Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Kap. Straßenkämpfe, Anmerkg. 17 41 Kinderrechtskonvention, S. 7 42 Ethik, S. 147 43 Ethik, S. 146 44 S. dazu die Pressekampagnen der Scientology gegen die BR Deutschland, zuletzt in "Open Letter To Helmut Kohl" 45 Kinderrechtskonvention, S. 11 46 S. dazu Gollnick: Die Ethik-Konzeption Hubbards, Anmerkg. 17 47 S. dazu die einleitenden Seiten von Scientology-Handbuch-Religion, S. 1 ff. Kennzeichnend für die 'scharfe gesellschaftspolitische und geistesgeschichtliche Analyse' auf diesen Seiten ist der Einsatz des rhetorischen Mittels der Wiederholung mit der indefiniten Phrase (einige Beispiele): "Irgend etwas hat sich beim Menschen verändert. (S. 1) - Irgend etwas hat einen Niedergang im Gemeinschaftssinn des Menschen verursacht. (S. 2) - Irgend etwas hat die Mißachtung für die Erde selbst verursacht. (S. 5). [...]" 48 Kinderrechtskonvention, S. 9; s. Anmerkg. 19! 49 Vor dem gesellschaftlichen Hintergrund einer pragmatischen und utilitaristischen Ethik mit den Prinzipien von Erfolg und Glück - in Verbindung mit der Grundsatzdebatte um Eugenik und Euthanasie (Sterbehilfe) sowie Menschenrechte und Bioethik-Konvention - in Verbindung mit ökonomischen Problemen der Finanzierbarkeit von Gesundheit, Bildung, Ausbildung, Renten etc. - in Verbindung mit den weltweiten (z.T. neo-kapitalistischen) Produktions- und Handelsstrategien nationaler und internationaler Konzerne mit ihren strukturellen Rückwirkungen auf nationale Gesellschaften - in Verbindung mit der sich daraus ergebenden neuerlichen Grundwerte-Diskussion ist die gegenwärtige bundesdeutsche Diskussion zu sehen, wobei Scientology ein Strukturelement dieses gesellschaftlichen Hintergrundes darstellt.. 50 In Verbindung mit den Ausführungen in Anmerkung 49 hat Scientology bisher ein sehr starkes wirtschaftliches oder theologisches Untersuchungs- und Rechercheinteresse gefunden. 51 Es sei hier aber ausdrücklich angemerkt, daß es falsch ist, sich nur auf Scientology zu konzentrieren. Es gibt in diesem Bereich international arbeitender Wertagenturen noch fundamentalistische Organisationen mit vergleichbaren Strukturen und einem radikal geschlossenen Weltbild, z.B. Opus Dei. S. hierzu: Gollnick: Das Wege-Scenario, S.123 ff. Auf konkrete Aktivitäten von Scientology im Rahmen der Organisation ZIEL (Zentrum für individuelles und effektives Lernen) und Scientologen im Schuldienst kann hier nicht eingegangen werden. 52 Die Taxierung von Scientology als Sekte oder als Psychogruppe erscheint mehr als fragwürdig, weil solche Denominationen über typisch theologische bzw. psychologische Taxierungsraster entstehen, die den international tätigen Wertagenturen mit ihren komplexen Organisationsstrukturen und Intentionen nicht gerecht werden. Literatur:Hubbard, L.R.: Einführung in die Ethik der Scientology, Kopenhagen (o.J. - 1989 ?)Kinder-Dianetik. Dianetik-Prozessing für Kinder. Mit einer Einführung von L.R. Hubbard, Kopenhagen (o.J. - 1983 ?) Kinder - Aus dem Scientology-Handbuch (Separatdruck), Kopenhagen (o.J. - 1994 ?) Religion - Eine Beschreibung der Scientology-Religion - Aus dem Scientology-Handbuch (Separatdruck), Kopenhagen (o.J. - 1994 ?) Was ist Scientology? hrsg. v. der Scientology Kirche Hamburg e.V., Hamburg (o.J. - 1990 ?) Kinderrechtskonvention - UNICEF-Dokumentation Nr. 6. Konvention über die Rechte des Kindes. Ein weltweiter Maßstab. Hrsg. v. Deutschen Komitee für UNICEF, Köln (o.J.) Gollnick, R.: Das Wege-Scenario in seiner pädagogischen Konzeption als »Lebensweg« - aufgezeigt an Escrivás »Der Weg« - Hubbards »Ethik«. In: Gollnick, R. (Hrsg.): Pädagogische Weg-Markierungen. Festschrift für Dieter-Jürgen Löwisch. St. Augustin 1996, S. 123-170 Jaschke, H.G.: Auswirkungengen der Anwendung scientologischen Gedankenguts auf eine pluralistische Gesellschaft oder Teile von ihr in einem freiheitlich demokratisch verfaßten Rechtsstaat, in: Scientology - eine Gefahr für die Demokratie. Eine Aufgabe für den Verfassungsschutz? Hrsg. v. Innenministerium NRW, Köln 1996, S. 5-66 Voßmerbäumer, P.: Inside Scientology. Meine Erfahrungen im Machtapparat der "Church". München 1996 Erschienen in:
Siehe auch: Dr. Rüdiger Gollnick: Zwischen Fesselung und Befreiung: Scientology Erschienen in: Pädagogik UNTERRICHT 1/1998. S. 40-52 Buchtipp:
zum Weiterlesen:
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